Parlamentswahl im Iran:Ahmadinedschad muss mit mehr Widerstand rechnen

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Bei der Parlamentswahl im Iran holen die Konservativen die klare Mehrheit. Doch in ihrem Lager sind auch etliche Kritiker von Präsident Ahmadinedschad.

Rudolph Chimelli

Bei der iranischen Parlamentswahl haben die Konservativen die erwartete klare Mehrheit gewonnen. Die große Mehrzahl der Reformer war durch den Wächterrat, das geistliche Verfassungsgericht, schon vorher von der Abstimmung ausgeschlossen worden. Von den insgesamt 290 Mandaten der Madschlis genannten Volksvertretung entfallen nach dem ersten Wahlgang, bei dem absolute Mehrheiten entscheidend waren, 163 auf die Konservativen. Unter diesen sind die Anhänger des radikalen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad stärker als seine Kritiker. Die Europäische Union kritisierte die Wahlen am Sonntag als weder gerecht noch frei.

Gebete in Teherans Wahlzentrum. (Foto: Foto: AFP)

Das Reformlager, welches den Kurs von Präsident Mahmud Ahmadinedschad ablehnt, kann bislang mit 40 Sitzen rechnen. Das berichtete der staatliche Sender Press TV. Die Reformer können mit der Unterstützung einiger Unabhängiger rechnen. Bekannte Namen aus der Zeit des Reformpräsidenten Mohammed Chatami sind kaum unter den Gewählten.

Relativ schlecht schnitten innerhalb der Reformer-Koalition Sympathisanten des früheren Parlamentsvorsitzenden und Präsidentschaftskandidaten Mehdi Karrubi ab. Fünf Vertreter der religiösen Minderheiten - drei armenische oder assyrische Christen, ein Jude, ein Zoroastrianer - gelten als automatisch gewählt. In allen Wahlkreisen, wo sich am Freitag keine absolute Mehrheit ergab, muss am 18. oder 25. April durch Stichwahl entschieden werden.

In der Hauptstadt Teheran, in der 30 Mandate vergeben werden, setzten sich die Konservativen mit den führenden Plätzen ihrer Liste durch. Die erste Stelle nimmt der bisherige Vorsitzende der Madschlis, Gholam-Ali Haddad-Adel, ein. Er gilt als Parteigänger Ahmadinedschads. Für die übrigen Teheraner Mandate sind die Konservativen gut platziert. Innenminister Mustafa Pur-Mohammadi sprach den Konservativen insgesamt 71 Prozent der Stimmen zu.

Erfolg für Ali Laridschani

Die Wahlbeteiligung betrug nach seinen Angaben 60 Prozent. Von den konservativen Kritikern des Präsidenten errang Ali Laridschani, der als Atomunterhändler Irans im vergangenen Oktober zurücktrat, in der Theologenstadt Ghom mit 75 Prozent der Stimmen seines Wahlkreises einen bemerkenswerten Erfolg. "Der Präsident wird vom nächsten Parlament mehr gefordert werden als vom jetzigen", kommentierte Ali Abtahi, Vizepräsident unter Chatami, das Ergebnis. Die Reformzeitung Etemad Melli brachte die Schlagzeile: ,,Die Reformer stark, die Unabhängigen einflussreich, die Konservativen anfällig." Sie brachte damit die Hoffnungen zum Ausdruck, welche die Reformer auf die offensichtlichen Differenzen im Lager der Konservativen setzen.

Feste Parteibindungen gibt es in Iran ebenso wenig wie organisierten Fraktionszwang. Sichere Angaben über die relative Stärke einzelner Gruppierungen sind deshalb so früh nach der Wahl nicht möglich. Besonders zwischen den beiden konservativen Gruppen im Parlament dürften sich schwankende Mehrheiten ergeben. Ahmadinedschads Stärke liegt in Provinzen, die er oft besucht und mit reichen Geldgeschenken bedacht hat.

In einzelnen Stimmlokalen der Hauptstadt beklagten sich die Vertreter von Reformern, sie seien von der Beobachtung der Wahl und der Auszählung der Stimmzettel ausgeschlossen gewesen. Insgesamt stand der Wahlvorgang unter Kontrolle des Innenministers, eines Vertreters der härtesten Linie und früheren Gemeindienstministers.

© SZ vom 17.3.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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