Parlament:Auf die Größe kommt es an

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Im deutschen Bundestag sitzen mehr Abgeordnete als jemals zuvor. Nun will Wolfgang Schäuble die Versammlung der Volksvertreter schnellstmöglich verkleinern. Den kleineren Parteien behagt das ganz und gar nicht.

Angesichts der Rekordgröße des Bundestags drängt Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) auf eine Reform des Wahlrechts. "Ich hoffe noch immer, dass wir die Eckpunkte einer Wahlrechtsreform bis Ende dieses Jahres hinbekommen", sagte Schäuble den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Es sei "ein Unding", dass heute niemand sagen könne, ob der nächste Bundestag 600, 700 oder 800 Mitglieder umfasse.

Seit der Bundestagswahl im vergangenen Jahr gibt es 709 Abgeordnete statt der eigentlich vorgesehenen 598 Abgeordneten - es ist der größte Bundestag in der Geschichte der Bundesrepublik. Zu der Aufblähung des Parlaments führte das seit 2013 geltende Wahlrecht, das Überhangmandate mit Ausgleichsmandaten kombiniert. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate gewinnt, als ihr nach den Zweitstimmen zustehen. Um eine Verzerrung des Wahlergebnisses zu vermeiden, bekommen die anderen Parteien dafür Ausgleichsmandate.

Schäuble will alles geben für die Reform. Auch ein Veto der AfD würde ihn nicht stoppen

Schäubles Vorgänger Norbert Lammert (CDU) hatte bereits eine Begrenzung auf maximal 630 Abgeordnete vorgeschlagen. Er konnte sich damit allerdings nicht durchsetzen, denn eine solche Limitierung schwächt den gewünschten Effekt der Ausgleichsmandate ab, was den Interessen kleinerer Parteien zuwiderläuft.

"Ausgangspunkt aller Überlegungen zur Reform des Wahlrechts ist das personalisierte Verhältniswahlrecht", erklärte Britta Haßelmann am Freitag. Die Parlamentsgeschäftsführerin der Grünen führte aus, dass die Sitzverteilung im Bundestag das Ergebnis der Zweitstimmen eindeutig widerspiegeln müsse: "Klar ist für uns, dass jede Stimme gleich viel wert sein muss."

Derzeit befasst sich unter der Leitung Schäubles eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aller Parteien mit dem Thema. Schäuble sagte, er sei "entschlossen, alles zu geben, um eine Reform zu erreichen". Der Bundestagspräsident stellte zudem klar, dass er dabei kein Veto etwa der AfD akzeptiere. Das Bundesverfassungsgericht verlange für eine Wahlrechtsreform keine Einstimmigkeit, "sondern einen möglichst breiten Konsens", sagte Schäuble: "Es gibt bei der Wahlrechtsreform nicht ein Vetorecht für einzelne Parteien."

© SZ vom 28.07.2018 / AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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