Pädagogen:Beschimpft, bedroht, gemobbt

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Eine Umfrage zeigt erstmals das Ausmaß der Gewalt gegen Lehrer. Viele lassen die Angelegenheit aber auf sich beruhen.

Von Ulrike Nimz, München

Fast ein Viertel der Lehrer in Deutschland ist nach eigenen Angaben schon einmal im Schulalltag beschimpft, bedroht oder gemobbt worden. Das geht aus einer aktuellen Forsa-Umfrage hervor. Demnach gaben 23 Prozent der insgesamt 1950 befragten Lehrer an, dass sie an ihrer Schule selbst Opfer psychischer Gewalt durch Schüler, Eltern oder Kollegen geworden sind, wie der Verband Bildung und Erziehung (VBE) am Montag in Düsseldorf mitteilte. Sechs Prozent berichten sogar von körperlichen Angriffen. Jeder fünfte befragte Lehrer (21 Prozent) hat Kenntnis von Fällen körperlicher Gewalt gegen Kollegen in den vergangenen fünf Jahren. Für Aufsehen hatte zuletzt ein Fall in Niedersachsen gesorgt, bei dem ein 14-jähriger Gymnasiast einen Lehrer bei einer Klassenfahrt mit einem Schnürsenkel gewürgt haben soll. Der Lehrer hatte ihm das Handy abgenommen.

Das Risiko, angegriffen zu werden, ist offenbar von Schulform zu Schulform unterschiedlich. Von psychischer Gewalt wurde demnach am häufigsten an Förder- und Sonderschulen sowie an Hauptschulen berichtet, von körperlichen Übergriffen an Förder- und Sonderschulen sowie an Grundschulen. Gymnasiallehrer haben ein vergleichsweise ruhiges Berufsleben. Der VBE sprach von einem Alarmsignal. "Außer professionellen Kampfsportlern ist mir keine Personengruppe bekannt, zu deren Job es gehört, sich psychisch und physisch angreifen zu lassen", sagte der Bundesvorsitzende Udo Beckmann. Verbandsintern habe man aber eine "schleichende Zunahme" von Fällen registriert. Die Gewerkschaft Erziehung und Bildung (GEW) sprach dagegen von "eher Einzelfällen".

Auch Cybermobbing ist ein zunehmendes Problem. Fast jeder Dritte berichtete von Fällen an der Schule. Selbst betroffen waren aber nur zwei Prozent der Befragten. Viele Lehrer halten Gewalt an der Schule immer noch für ein Tabuthema. 15 Prozent gaben an, dass sie bei psychischen Attacken durch Schüler nichts unternahmen, bei Angriffen von Eltern verzichteten 35 Prozent auf eine Meldung. Dem VBE zufolge stecken dahinter häufig fehlende Unterstützung der Verantwortlichen, Zweifel an den Erfolgsaussichten und Angst vor Konsequenzen. Der Verband forderte eine verpflichtende Dokumentation von Vorfällen, "die volle Unterstützung des Dienstherrn" sowie ein breites Fortbildungsangebot.

© SZ vom 15.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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