Osthoff nimmt Stellung:"Ich bin keine arme Irre"

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Gut zwei Wochen nach ihrer Freilassung hat die im Irak entführte Susanne Osthoff ihr Verhalten erklärt und Kritik an der deutschen Botschaft in Bagdad geübt. So habe sie nie gesagt, sie wolle in den Irak zurückkehren.

"Keiner steht an meiner Seite, alle versuchen, mich als arme Irre darzustellen, die zwischen Bomben und Minen planlos durch den Irak hüpft", sagte Osthoff dem Hamburger Magazin Stern in einem Gespräch am Neujahrstag in Bahrein. "Ich glaube, die Deutschen hassen mich."

Osthoff war am 25. November zusammen mit ihrem Fahrer als erste Deutsche seit dem Sturz des Diktators Saddam Hussein entführt und am 18. Dezember wieder freigelassen worden. Die Umstände ihrer Freilassung und ob Lösegeld gezahlt worden ist, sind unklar.

Über ihr Interview mit dem arabischen TV-Sender al-Dschasira sagte die Archäologin, als erstes habe sie dem Sender in Katar ein Interview gegeben, weil die Geiselnehmer dies von ihr gefordert hätten. "Die wollten, dass ich als Frau, die so lange in ihrer Gewalt war, öffentlich demonstriere, anständig behandelt worden zu sein." In Arabien sei das eine Frage der Ehre.

Sie habe während ihrer Geiselnahme "die Hölle erlebt" und sei nach ihrer Freilassung schlecht beraten worden, sagte Osthoff. Kritik übte sie an Mitarbeitern der deutschen Botschaft in Bagdad: "Die hätten mich doch auch mal in Schutz nehmen können, sagen, ich sei erschöpft und krank. Stattdessen erlebe ich jetzt eine Hetzkampagne, als hätte ich Deutschland etwas angetan."

"Litt unter Nachwirkungen von Schlafentzug und Medikamenten"

Den Eindruck, den sie - tief verschleiert und mit teilweise unverständlichen Antworten - bei ihrem Interview im ZDF hinterlassen hat, führte Osthoff auf Schlafentzug während der Geiselnahme und die Nachwirkungen von Medikamenten zurück.

Zudem habe sie unter Stress gestanden, der durch den Termindruck verstärkt wurde und sei dann völlig unvorbereitet vor laufenden Kameras gelandet. "Dabei wollte ich mich eigentlich nur bedanken bei Deutschland. Und jetzt bin ich der Buhmann."

Sie sei überzeugt, dass die Entführer einer Unterorganisation des Terrornetzwerkes al-Qaida angehörten, unterstrich Osthoff. Die Kidnapper seien auffällig gut organisiert und über verschiedene Regionen, in denen sie gefangen gehalten worden sei, vernetzt gewesen.

Nach Osthoffs Aussagen haben ihr die Geiselnehmer gesagt, sie hätten sie seit Mai 2005 im Visier gehabt. Auslöser der Entführung sei der Regierungswechsel in Deutschland gewesen.

Ihr Fahrer sei während der Geiselnahme wahrscheinlich gefoltert worden. Für das Foto mit den Entführern sei er wimmernd neben Osthoff gelegt worden.

Sie habe nie erklärt, dass sie in den Irak zurück wolle, sagte Osthoff. Ihr größter Wunsch sei, ihre Tochter wiederzusehen, die ihr Heiligabend einen als Fax übermittelten Brief geschrieben habe. "Ich freue mich so sehr, dass du in Sicherheit bist", heißt es in dem Brief, den der Stern als Faksimile abdruckt. "Mama, eins wollte ich dir noch sagen: Ich hab dich fest lieb!"

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