Online-Durchsuchungen:BKA-Chef verärgert über Zypries

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Der Präsident des Bundeskriminalamts Ziercke hat Äußerungen der Justizministerin zu verdeckten Online-Durchsuchungen heftig kritisiert - Zypries wies die Vorwürfe zurück.

Jörg Ziercke zeigte sich verärgert - Grund war die Warnung von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) vor "staatlichen Hackern". Dann müsse man "auch Polizisten, die mit richterlichem Beschluss eine Wohnung durchsuchen, als Einbrecher bezeichnen", sagte Ziercke der Tageszeitung Die Welt .

Polizisten würden nicht zu kriminellen Hackern, wenn sie online durchsuchten. "Das lässt sich durch ein Gesetz eindeutig regeln", sagte Ziercke. Darin müssten ein schwerer Verdacht, ein richterlicher Beschluss, die Überwachung durch Staatsanwälte und Datenschützer zur Voraussetzung für Online-Durchsuchungen gemacht werden.

Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums wies die Kritik zurück. Zypries habe auf der Rede zur Eröffnung des 10. Polizeikongresses am 13. Februar den Ausdruck "staatliches Hacking" ganz bewusst in Anführungszeichen gesetzt und ansonsten wie der Bundesgerichtshof von Online-Durchsuchungen gesprochen. Zierckes Kritik gehe deshalb an der Sache vorbei, da er die Anführungszeichen offensichtlich überhört habe.

"Niemand muss Orwellsche Verhältnisse befürchten"

Zypries ist gegen eine rasche Gesetzgebung für heimliche Online-Durchsuchungen. Sie hatte die Strafverfolger Anfang Februar überdies aufgefordert zu erklären, "warum sie Computer online durchsuchen müssen und nicht zu den gleichen Ergebnissen kommen, wenn sie physisch in eine Wohnung gehen und die Festplatte kopieren". Nur wenn dafür triftige Gründe vorgelegt werden könnten, sei ein Gesetz überhaupt denkbar.

Der Streit war entbrannt, nachdem der Bundesgerichtshof die Online-Durchsuchung des Computers eines mutmaßlichen Islamisten mangels einer geeigneten Rechtsgrundlage abgelehnt hatte.

Laut Ziercke nutzen Terroristen das Internet als virtuelle Festplatte, um ihre Daten abzuspeichern. Daher sei es wichtig, schon vor einer Verschlüsselung auf die Daten zuzugreifen. "Sonst hat die Polizei keine Chance. Wenn wir aber entsprechende Informationen frühzeitig erhalten, können wir Terroranschläge verhindern", sagte der BKA-Chef der Zeitung.

Ziercke beschwichtigte zugleich, dass von Online-Durchsuchungen "99,99 Prozent" der Bevölkerung nicht betroffen sein werden. "Niemand muss Orwellsche Verhältnisse befürchten", betonte Ziercke.

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