Österreich, Schwarzenegger und die Todesstrafe:Der große Sohn ist sauer auf die Heimat

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Lange hat Arnold Schwarzenegger seine österreichische Heimat mit Ignoranz gestraft, als sie ihn wegen der jüngsten Hinrichtung in Kalifornien anging. Jetzt hat er sein Schweigen gebrochen und einen geharnischten Brief in die Steiermark geschickt - samt Grazer Ehrenring.

Bernd Oswald

Seit Österreich nur noch ein kleines Land in Mitteleuropa ist, ist es nicht mehr allzu weit her mit der ersten Zeile der Nationalhymne: "Heimat bist Du großer Söhne". Gerade nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich Austria zur Heimat großer Sportler. Niki Lauda und eine ganze Armada von vortrefflichen Skifahrern. Auch der aktuell berühmteste Sohn ist durch den Sport groß herausgekommen - wenn man denn Bodybuilding als solchen bezeichnen will: Arnold Alois Schwarzenegger. Er brachte es zum "Mister Universum", zum Hollywoodstar, vor zwei Jahren gar zum Gouverneur Kaliforniens.

Das Original des Schwarzenegger-Briefes an die Stadt Graz (Foto: Quelle: Stadt Graz, www.graz.at)

Schon zuvor war "Arnie" der größte Sohn des Landes. Aber als er das Zepter in Amerikas Sunshine-State übernahm, brach sich eine nie da gewesene Heldenverehrung Bahn. Wahlparties im ganzen Land, sogar Bundeskanzler Schüssel feierte mit. "Governor Schwarzenegger" wurde gar auf einer österreichischen Briefmarke verewigt, nicht auf einer einfachen 55 Cent-Marke, sondern gleich auf der für einen ganzen Euro. Das gleiche Bild in der Steiermark, der Schwarzenegger entstammt: Sein Heimatort Thal ernannte ihn zum Ehrenbürger. Die Landeshauptstadt Graz verlieh ihm den Ehrenring. Absoluter Kulminationspunkt: Die Fußballarena wurde in Arnold-Schwarzenegger-Stadion umbenannt.

Die innige Zuwendung war aber meist eine ziemliche Einbahnstraße. Im November 2003 wollte die damalige steirische Landeshauptfrau Waltraud Klasnic zur Schwarzeneggers Amtseinführung fahren, sparte sich dann aber doch die Demütigung, das ohne Einladung zu tun. Die angesehene österreichische Zeitung Der Standard höhnte jüngst gar, der berühmte Auslandsösterreicher bringe seine Grazer Wurzeln seltener zur Sprache als Kreise der ÖVP.

Die Diskussion um die Todesstrafe in den USA und in Kalifornien ließ das Klima merklich abkühlen. Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl wandte sich immer mal wieder mit Briefen an den Gouverneur, in denen er Schwarzenegger bat, die Todesstrafe auszusetzen. Reaktion: keine. Der Dialog, den sich Nagl wünschte, kam nie zustande.

Als "Arnie" jüngst die Begnadigung des Todeskandidaten Stanley Williams ablehnte und seinem Filmnamen "Terminator" eine neue Bedeutungsfacette gab, eskalierten die Dinge.

Jochen Rindt statt Arnold Schwarzenegger?

Die Grünen forderten wieder einmal, Schwarzenegger die österreichische Staatsbürgerschaft abzuerkennen, und in Graz kochten die Gemüter hoch: ÖVP-Kulturstadtrat Meidl schlug vor, am Schwarzenegger-Stadion ein Mahnmal gegen die Todesstrafe zu errichten. Der Linken in der Stadt geht das nicht weit genug: Das Stadion müsse umbenannt werden.

Obwohl Bürgermeister Nagl dagegen ist, werden sich SPÖ, KPÖ und Grüne wohl durchsetzen. Zwar nicht mit dem Vorschlag "Stanley-Tookie-Williams-Stadion", aber vielleicht kommt ja die tödlich verunglückte Formel 1-Legende Jochen Rindt zum Zug.

In dieser Situation brach Schwarzenegger sein Schweigen und ging in die Offensive. Dieses eine Mal schrieb er - auf dem Briefpapier des kalifornisches Gouverneurs, das aber nicht auf Kosten des amerikanischen Steuerzahlers geht - zurück nach Graz, an den "sehr geehrten Herrn Bürgermeister".

Nicht nur, dass er beim Thema Todesstrafe keine Zugeständnisse machte. In der Causa Stadion kam er dem Stadtrat zuvor: "Um den verantwortlichen Politikern der Stadt Graz weitere Aufregungen zu ersparen, entziehe ich ihnen ab sofort das Recht, meinen Namen im Zusammenhang mit dem Liebenauer Stadion zu verwenden. Sie werden demnächst diesbezüglich auch ein Schreiben meiner Anwälte erhalten." Obendrauf packte der erboste Gouverneur ein Ultimatum: "Ich erwarte, dass der Schriftzug bis zum Jahresende 2005 entfernt wird und mein Name in Zukunft zu keinerlei Graz-Werbezwecken benutzt werden darf."

Und noch einen Schuss feuerte der kampferprobte Recke ab: Er schickte den Ehrenring der Stadt zurück. Begründung: "Da mich das offizielle Graz aber offensichtlich jetzt nicht mehr als einen der ihren akzeptiert, ist auch dieser Ring für mich wertlos geworden."

Dieses Verdikt versetzte Graz in Aufruhr. Bürgermeister Nagl (ÖVP) will sich nun mit Schwarzenegger in Verbindung setzen und ihn aufklären, dass das offizielle Graz zweitgeteilt sei und die Mehrheit der Bevölkerung hinter ihm stehe. Schuld an der "peinlichen Provinzposse" seien SPÖ, KPÖ und die Grünen. Zumindest die Rückgabe des Ehrenrings möchte er verhindern. Denn ganz verscherzen darf Graz es sich nicht mit dem großen Sohn - wenn es ihm weiter eine Heimat sein will. Und ein bisschen heimisch fühlt sich Schwarzenegger offenbar immer noch: Trotz der Kabale sei er weiter "mit ganzem Herzen Grazer, Steirer und Österreicher". Den Bürgermeister Nagl wird das freuen.

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