Ölpreiseinbruch in Russland:"Ära des billigen Gases ist vorbei"

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Europa muss mit steigenden Gaspreisen rechnen, droht Ministerpräsident Putin. Zunächst jedoch schwächt der Ölpreiseinbruch seine eigene Regierung.

Verbraucher in Europa müssen sich nach Ansicht von Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin dauerhaft auf hohe Gaspreise einstellen. "Die notwendigen Ausgaben für die Entwicklung von Gasfeldern steigen stark", sagte der Regierungschef bei einer Rede auf dem Treffen erdgasexportierender Länder in Moskau.

Ministerpräsident Putin warnt Europa vor steigenden Energiepreisen. (Foto: Foto: Reuters)

"Das bedeutet natürlich, dass trotz aller gegenwärtigen Finanzprobleme die Ära billiger Energievorkommen, des billigen Gases, vorbei ist", fügte er hinzu. Der russische Energieriese Gazprom liefert etwa ein Viertel des in der Europäischen Union benötigten Erdgases.

In Moskau sind die die wichtigsten Gasexportländer zusammengetroffen, um ihre Zusammenarbeit auszubauen. Im Forum gasexportierender Länder (GECF) sind neben Russland und dem Iran zwölf weitere Staaten vertreten.

Putin gegen Politisierung der internationalen Energiebeziehungen

Die Importeure von Erdgas befürchten, das GECF solle in Moskau zu einem Gaskartell nach dem Vorbild der Organisation Erdölexportierender Länder (OPEC) umgebaut werden. Dies hatten die Forumsmitglieder bislang zurückgewiesen.

Putin sprach sich gegen eine Politisierung der internationalen Energiebeziehungen aus. "Die Interessen von Produzenten, Verbrauchern und Transitländern lassen sich nur durch klare und langfristige Beziehungen auf marktwirtschaftlicher Grundlage vereinen", sagte er.

Der Ölpreiseinbruch macht Russlands Wirtschaft schwer zu schaffen: Dem Land droht nach Einschätzung von Ex-Ministerpräsident Michael Kasjanow im kommenden Jahr eine Verdopplung der Arbeitslosenzahl auf zehn Millionen. Zu dem Anstieg werde es bereits bis März oder April kommen, sagte er dem Radiosender Echo Moskau. Zehn Millionen Arbeitslose gab es in Russland zuletzt Anfang 1999, als das Land unter den Folgen einer Finanzkrise litt.

Steigende Arbeitslosigkeit könnte die Regierung schwächen

Kasjanow war in der ersten Amtzeit Wladimir Putins als Präsident Regierungschef und führt nun eine kleine liberale Oppositionspartei. Die zersplitterte Opposition hofft, dass die weltweite Wirtschaftskrise das Ende der kremldominierten Politik bedeuten wird.

Die Prognosen der Regierung sind nicht ganz so düster: Sie erwartet für 2009 ein Wachstum von 2,4 Prozent - aber nur, falls sich der Ölpreis über 50 Dollar je Fass stabilisiert.

Seit seinem Rekord von über 147 Dollar im Juli hat sich Öl allerdings auf deutlich unter 50 Dollar verbilligt. Die Erwartung, dass in Zukunft wegen der Wirtschaftskrise weniger Öl verbraucht wird, drückte den Preis für ein Barrel (159 Liter) US-Öl WTI am Dienstag sogar auf unter 40 Dollar.

Weiterhin niedrige Energiepreise in Deutschland

Deutsche Energieverbraucher müssen nach Angaben des Branchenverbandes BDEW trotz einer stärkeren Zusammenarbeit der Gasexportländer vorerst nicht mit höheren Erdgaspreisen rechnen. Die deutschen Gasimporteure hätten mit den Förderfirmen in den Produzentenstaaten in aller Regel langfristige Lieferverträge ausgehandelt, welche die Lieferbedingungen teils bis ins Jahr 2035 festlegten, sagte ein BDEW-Sprecher am Dienstag.

Diese Konditionen sähen unter anderem die Kopplung des Gaspreises an den Ölpreis vor. "Diese Ölpreisbindung schützt vor ungerechtfertigten Preisvorgaben aus den Produzentenstaaten", sagte der BDEW-Sprecher.

Der Gaspreis ist seit den 60er Jahren an den Ölpreis gekoppelt. Steigende Ölpreise wirken sich mit etwa einem halben Jahr Verzögerung auf den Gaspreis aus. Die Ölpreisbindung soll die Konkurrenz zwischen den Energieträgern Öl und Gas entschärfen - und dadurch auch den Wettbewerb zwischen Gas- und Öl-Konzernen.

© Reuters/AFP/AP/akh/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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