NPD-Aufmarsch abgesagt:Druck der Demokratie

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Die Demonstrationen gegen den geplanten Marsch von Rechtsextremen durch Berlin am 60. Jahrestag des Kriegsendes haben offenbar Wirkung gezeigt: Die NPD sagte ihren Demonstrationszug kurzfristig ab.

Tausende von Demonstranten haben am 60. Jahrestag des Kriegsendes einen NPD-Marsch durch die Mitte Berlins verhindert. Abgeschirmt von der Polizei konnten sich am Sonntag zwar rund 3.000 Rechtsextremisten auf dem Alexanderplatz versammeln und dort eine Kundgebung abhalten. Da Gegendemonstranten, verstärkt durch Teilnehmer des "Tags für Demokratie" am Brandenburger Tor, aber die Marschroute besetzten, konnte sich der NPD-Zug bis zum späten Nachmittag nicht in Marsch setzen.

Die Polizei forderte deshalb die Veranstalter auf, auf den NPD-Umzug zu verzichten. Dies sei von den Verantwortlichen offiziell zugesagt worden, erklärte ein Polizeisprecher. Daraufhin hätten die ersten Teilnehmer den Alexanderplatz wieder verlassen.

Die Jungen Nationaldemokraten hatten für den 8. Mai einen Aufzug unter dem Motto "60 Jahre Befreiungslüge - Schluss mit dem Schuldkult" angemeldet. Dessen Route durfte aber nach einer höchstrichterlichen Entscheidung nicht am Holocaust-Mahnmal vorbei zum Brandenburger Tor führen, wo der "Tag für Demokratie" stattfand. Ausschreitungen am Rande der NPD-Veranstaltung habe es im Verlauf des Nachmittags nicht gegeben, erklärte der Polizeisprecher.

Zusammenstöße verhindert

Die Gegendemonstration mit 6.000 Teilnehmern, die sich bereits am Morgen getroffen hatten, endete am Mittag in der Nähe des Alexanderplatzes. Nach Polizeiangaben wurden acht Personen "nach der Strafprozessordnung" - beispielsweise wegen Landfriedensbruchs - festgenommen. Einige hundert Teilnehmer lösten sich schon vor Demonstrationsende aus dem Zug und versuchten, teilweise vermummt, über Seitenstraßen zur NPD-Veranstaltung zu gelangen.

Dies habe verhindert werden können, sagte der Sprecher. Dabei sei auch schon einmal ein Stein nach einem Polizeifahrzeug geworfen worden. Ein Pulk von Demonstranten besetzte den Palast der Republik.

Augenzeugen berichteten, Jugendliche hätten den Bauzaun beiseite geräumt und seien in das Gebäude eingedrungen. Sie hätten aus den Fenstern der Bauruine gewinkt und Fahnen auf einem Zwischendach geschwenkt. Ein Polizeisprecher sagte, man habe die Jugendlichen zunächst gewähren lassen.

Die Polizei hatte nach eigenen Angaben mehrere Tausend Kräfte - in Berichten hieß es 7.000 Beamte - in Berlin im Einsatz. Sie kamen aus dem gesamten Bundesgebiet. Beispielsweise waren Wasserwerfer sogar aus Bayern angerückt.

Bundesinnenminister Otto Schily sagte in der ARD zu dem Aufmarsch der Rechtsextremisten: "Ich finde es eine Schande." Wenn man verschiedene Holocaust-Gedenkstätten besucht habe, sei es unverständlich, wie die NPD in ihrer provokanten Weise auftreten könne.

Es sei nötig, die Rechtsextremisten zurückzudrängen und weiter zu versuchen, die NPD zu verbieten. Auch sei die politische Auseinandersetzung mit dieser neonazistischen Partei nötig. Schily sagte, er sei froh, dass sich gerade die Jugendlichen in vorbildlicher Weise im Kampf gegen den Rechtsextremismus engagierten.

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