Notizen aus einem Land :Nur kein Stress

Kontrollen, Blaulicht, Sirenen, Panzer? Fehlanzeige. Bericht von einer gemütlichen Fahrt durch Frankreich.

Von Thomas Kirchner

Ausnahmezustand in Frankreich, das gab es zum letzten Mal während des Algerienkriegs vor einem halben Jahrhundert. Man rechnet mit Straßenblockaden, Kontrollen, Blaulicht, Sirenen, Elitekämpfern, Panzern womöglich. Und dann diese Autofahrt am Sonntagnachmittag: vom Schwarzwald aus durchs Elsass, über Lothringen nach Luxemburg und weiter nach Brüssel. Mit einem belgischen Kennzeichen, das könnte einen verdächtig machen in diesen Tagen.

Am Rhein bei Iffezheim stehen zwei Bundespolizisten, sie schauen aber auf die andere Seite und plaudern miteinander. Logisch, denkt man, welcher Terrorist käme jetzt auf die Idee, wieder einzureisen ins alarmierte Nachbarland? Es geht gemütlich weiter, vorbei an Sarre-Union und Sarreguemines. Kein Stau, keine Hektik. Kurz nach Metz steht ein Lieferwagen mit belgischem Kennzeichen auf dem Seitenstreifen. Das Warnlicht leuchtet, die Insassen sind verschwunden. Niemanden scheint das zu kümmern. Die Polizei anrufen? Ach, soll doch ein anderer machen.

Ein paar Kilometer weiter steht ein Tanklastwagen einsam auf einer Autobahnbrücke. Könnte man damit nicht . . . - nein, was soll der Quatsch?! Da ist schon Luxemburg, die Autobahn wird einspurig, jetzt kommt sicher die Kontrolle. Wieder nein, nur eine Baustelle. Und so bleibt es, bis Brüssel ist kein einziger Polizist zu sehen. Zugegeben, das ist nicht der direkte Weg nach Brüssel. Aber welcher Terrorist nimmt schon den direkten Weg?

© SZ vom 17.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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