Nordkorea:US-Armee entdeckt erste Hinweise auf Atombombentest

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Die USA haben in Luftproben aus Nordkorea radioaktiven Abfall gefunden. Der UN-Sicherheitsrat will über die Sanktionen gegen das Regime in Pjöngjang entscheiden - trotz erneuter Einwände von Russland und China.

Trotz der neuen Einwände Russlands und Chinas gegen den Resolutionsentwurf zum nordkoreanischen Atomprogramm hoffen die USA im Laufe des Samstags auf eine Entscheidung. Die "große Mehrheit" der Mitgliedsländer wolle so schnell wie möglich eine Entschließung erreichen, sagte der UN-Botschafter der USA, John Bolton, am Freitagabend vor Journalisten.

Der neu gewählte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach sich für eine entschlossene Reaktion auf den Atomwaffentest aus. Die US-Armee fand offenbar erste Belege dafür, dass Nordkorea bei der Explosion am vergangenen Montag tatsächlich eine Atomwaffe testete.

Moskau bringt "zusätzliche Ideen"

Russland hat trotz einer vorläufigen Einigung im Weltsicherheitsrat den geplanten Strafkatalog gegen Nordkorea überraschend in Frage gestellt. Ein Sprecher der amerikanischen UN-Mission bestätigte in der Nacht zum Samstag auf Anfrage, dass Russland kurzfristig "einige zusätzliche Ideen" für die Resolution eingebracht habe.

Moskau will den von den USA vorgeschlagenen Resolutionstext weiter entschärfen. Die für Samstag geplante Abstimmung über Sanktionen gegen das kommunistische Regime in Pjöngjang steht deshalb bis zum Schluss auf der Kippe. Die für Samstagmorgen geplante Sitzung des Weltsicherheitsrats wurde auf den Mittag verschoben. Zuvor wollen die fünf Vetomächte - Großbritannien, China, Frankreich, Russland und die USA - und Japan erneut zu internen Gesprächen zusammenkommen. Anschließend treffen sich die 15 Mitglieder des Sicherheitsrats zunächst zu weiteren Beratungen.

Der vor allem von den USA gestützte Resolutionsentwurf sieht unter Berufung auf den Artikel 41 von Kapitel VII der UN-Charta weitreichende wirtschaftliche und finanzielle Sanktionen gegen Nordkorea vor. Die Anwendung militärischer Gewalt wird mit Rücksicht auf China - den engsten Verbündeten Pjöngjangs - jedoch ausgeschlossen.

Nach Angaben von Diplomaten will vor allem Moskau jeden Hinweis auf Kapitel VII der UN-Charta in der Resolution vermeiden. Außenminister Sergej Lawrow sagte nach einem Treffen mit dem chinesischen Staatsratsmitglied Tang Jiaxuan in Moskau, der Resolutionsentwurf enthalte verschiedene "Elemente, die besprochen und geklärt werden sollten und an denen wir arbeiten werden".

Atomtest sei "brutaler Hinweis"

Der chinesische UN-Botschafter Wang Guangya sagte, ob die Entschließung am Samstag beschlossen werde oder nicht, hänge von dem endgültigen Text ab, und den gebe es noch nicht. Der neue Generalsekretär Ban sagte nach seiner Wahl am Freitag, er hoffe auf "eine klare und entschlossene Resolution" des Sicherheitsrats.

Der Atomtest sei ein "brutaler Hinweis" darauf, welche Herausfordungen der internationalen Gemeinschaft bevorstünden. Die Weltgemeinschaft müsse an Nordkorea eine "entschlossene und einheitliche Botschaft" senden, zugleich aber "Raum für den Dialog" lassen. Der südkoreanische Präsident Roh Moo Hyun sagte, er hoffe, dass Ban als Generalsekretär zur Lösung des Konflikts beitragen werde. Der südkoreanische Diplomat tritt sein Amt zum Jahreswechsel an.

Unterdessen fand die US-Regierung bei vorläufigen Luftuntersuchungen Hinweise darauf, dass Nordkorea tatsächlich einen Atomtest unternommen hat. Bei ersten Analysen von Luftproben sei radioaktiver Abfall aufgespürt worden, "der im Einklang mit einem nordkoreanischen Nukleartest steht", zitierte der US-Sender CNN am Freitagabend die Behörde des Nationalen Geheimdienstdirektors, John Negroponte.

Danach wurden die Proben am Mittwoch gesammelt und stützen Angaben Nordkoreas über den Test am vergangenen Montag. Weiter hieß es, zusätzliche Analysen seien im Gange und in ein paar Tagen abgeschlossen.

Keine Beweise für Atomtest

Ein Sprecher der Behörde stellte unterdessen klar, dass es sich um keine offizielle Erklärung handele, sondern um einen Entwurf zur internen Information von Kongressmitgliedern, der nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei. Eine offizielle Verlautbarung sei nicht geplant, da es sich erst um vorläufige Analysen handele, sagte Sprecher Chad Kolton in der Nacht zum Samstag.

Nordkorea hatte am Montag bekanntgegeben, einen Atomtest ausgeführt zu haben. Das kommunistische Land löste damit weltweite Empörung aus. Bislang gibt es noch keinen unabhängigen Beweis dafür, ob tatsächlich eine Atomwaffe getestet worden war.

US-Außenministerin Condoleezza Rice will in der kommenden Woche zu Gesprächen über den Nordkorea-Konflikt nach Asien reisen. Wie Außenamtssprecher Sean McCormack am Freitag in Washington mitteilte, wird sich Rice vom 17. bis zum 22. Oktober in Japan, Südkorea und Peking aufhalten.

Im Mittelpunkt der Gespräche soll McCormack zufolge die Umsetzung der UN-Resolution über Sanktionen gegen Nordkorea stehen. Außerdem wolle Rice die Besuche nutzen, um die bestehenden Bündnisse mit Japan und Südkorea zu bekräftigen.

Die Bevölkerung in Nordkorea hungert

Japan ist derweil dabei, seine eigenen Sanktionsmöglichkeiten gegen Nordkorea auszuschöpfen. So dürfen nordkoreanische Schiffe von diesem Samstag an keine japanischen Häfen mehr anlaufen. Bereits seit Donnerstag gilt in Japan ein Einreiseverbot für nordkoreanische Staatsbürger.

Nordkorea bestreitet den Hauptteil seines ohnehin begrenzten Handels mit China und Südkorea. Tokio hatte im Juli in Reaktion auf Nordkoreas Raketentests bereits erste Sanktionen verhängt. Japan fühlt sich von Nordkorea direkt bedroht, das 1998 eine Rakete über Japan hinweg geschossen hatte.

Nach Angaben des Welternährungsprogramms (WFP) ist Nordkorea dringend auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen. "Nordkorea kann seine Bürger nicht ausreichend mit Lebensmitteln versorgen", sagte der Exekutivdirektor der UN-Organisation, James Morris, in einem dpa- Gespräch. In diesem Jahr werde das Land vermutlich ein Defizit bei der Getreideversorgung von 500.000 bis 900.000 Tonnen aufweisen. Es gebe wenig kultivierbares Land und viele strukturelle Probleme in der Agrarwirtschaft.

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