Nikotin:Rauchen bleibt in Deutschlands Gaststätten erlaubt

Lesezeit: 2 min

In vielen EU-Ländern ist das Rauchen in Bars mittlerweile verboten. In Deutschland darf weitergequalmt werden. Allerdings müssen Restaurants bis zum Jahr 2008 mindestens die Hälfte ihrer Plätze für Nichtraucher reservieren.

Von Robert Roßmann

Berlin - Rauchen bleibt in deutschen Restaurants erlaubt, dafür sollen Nichtraucher künftig besser geschützt werden. Um ein Verbot wie in anderen europäischen Staaten zu verhindern, hat der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) jetzt eine freiwillige Selbstverpflichtung abgegeben.

Raucher dürfen weiter rauchen. Für Nichtraucher muss allerdings knapp die Hälfte der Tische in Restaurants künftig reserviert sein. (Foto: Foto: AP)

Die Vereinbarung mit dem Bundesgesundheitsministerium sieht drei Schritte vor: Bis März 2006 sollen mindestens 30 Prozent aller Speisebetriebe 30 Prozent ihrer Plätze für Nichtraucher bereit halten, 2007 müssen 60 Prozent der Betriebe 40 Prozent der Plätze ausweisen. Die Vereinbarung endet 2008. Dann sollen in 90 Prozent aller Restaurants mehr als die Hälfte der Plätze Nichtrauchern vorbehalten sein.

Dehoga-Präsident Ernst Fischer sagte, er sei froh über die freiwillige Lösung. "Damit sind wir einem drohenden Rauchverbot zuvorgekommen." Die rigiden Gesetze in anderen europäischen Staaten hätten in vielen Gaststätten zu teilweise dramatischen Einbußen geführt.

Lösung mit Augenmaß

Aber auch die deutsche Selbstverpflichtung sei "für alle Gastronomen noch eine große Herausforderung". Bei vielen Gästen müsse "wohl einige Überzeugungsarbeit" geleistet werden. Fischer rief alle Restaurants dazu auf, die Selbstverpflichtung zu erfüllen, da ansonsten doch noch ein Gesetz drohe. Die jetzt vereinbarte "freiwillige Lösung mit Augenmaß" müsse Vorbild für andere Branchen werden, in denen noch zu viel gesetzlich überreguliert sei.

Auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk, begrüßte die Vereinbarung. "Wir haben nicht über die Köpfe der Gastwirte hinweg entscheiden wollen", sagte Caspers-Merk, die als Staatssekretärin im Gesundheitsministerium die Vereinbarung ausgehandelt hat.

Angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt habe die Regierung "Nebenwirkungen wie Jobabbau" vermeiden wollen. Mit der freiwilligen Vereinbarung sei der Gaststättenbereich jetzt "zur Zufriedenheit geregelt".

Schulen sollen nachziehen

Nun müssten auch die anderen Bereiche des öffentlichen Raums rauchfreier werden. Caspers-Merk verwies dabei vor allem auf Schulen, Krankenhäuser und Ministerien. Sie beklagte, dass erst in acht Bundesländern ein Rauchverbot an Schulen beschlossen oder angekündigt worden sei. Nur 50 der 2200deutschen Kliniken seien bisher qualmfrei, von den Bundesministerien sogar noch kein einziges.

Doch auch die Neuregelung für Gaststätten hat große Lücken. Sie soll nur für Betriebe mit mehr als 75 Quadratmetern Gastfläche und mehr als 40 Sitzplätzen gelten. Generell ausgenommen sind alle Einrichtungen, die nur Getränke ausschenken oder "Snacks" reichen. Als Snacks gelten laut Vereinbarung auch Frikadellen oder belegte Brötchen.

Bars und Diskos nicht betroffen

Die meisten Bars, Diskotheken und Kneipen sind deshalb nicht betroffen. Die Dehoga schätzt, dass nur 100000 ihrer 250000 Mitgliedsbetriebe unter die Neuregelung fallen. Über die Art der Abtrennung der Raucherbereiche macht die Vereinbarung noch nicht einmal Mindestvorgaben.

Außerdem darf die Dehoga selbst ermitteln, ob sie die Selbstverpflichtung einhält - die Vereinbarung sieht keine unabhängige repräsentative Erhebung vor. Das Gesundheitsministerium behält sich lediglich vor, bei Zweifeln "zur Überprüfung der Umsetzung stichprobenartige Kontrollen zu veranlassen".

© SZ vom 03.03.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: