Niederländer gegen EU-Verfassung:Neuer Rückschlag für Europa

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Die Niederländer haben die EU-Verfassung abgelehnt. Und zwar noch deutlicher als gedacht.

Drei Tage nach den Franzosen stimmten die Niederländer am Mittwoch mit 61,6 Prozent klar gegen die Verfassung, nur 38,4 Prozent sprachen sich für das Vertragswerk aus, wie die niederländische Nachrichtenagentur ANP meldete.

Die Beteiligung an der Volksabstimmung lag bei 62,8 Prozent und damit deutlich über der 30-Prozent-Marke, die niederländische Parteien als Voraussetzung dafür genannt hatten, dem Votum der Bevölkerung zu folgen.

Die nicht offiziellen Endergebnisse basierten auf einzelnen Daten der Wahllokale. Das amtliche Endergebnis sollte erst am kommenden Montag bekannt gegeben werden.

Die Urnen wurden um 21.00 Uhr geschlossen. Das Referendum ist nicht verbindlich für das Parlament.

Die 30-Prozent-Hürde locker genommen

Doch haben die Fraktionen zugesagt, sich bei der entscheidenden Abstimmung im Herbst daran zu halten. Eine Voraussetzung dafür war eine Abstimmungsbeteiligung von mehr als 30 Prozent, die nun erreicht sein dürfte.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat davor gewarnt, die europäische Einigung in Frage zu stellen. "Die Krise um die Ratifizierung der Europäischen Verfassung darf nicht zur allgemeinen Krise Europas werden", erklärte Schröder am Mittwochabend laut einer Mitteilung des Bundespresseamts in Berlin.

Die Entscheidung der Niederländer nahm er "mit Respekt, aber auch mit großem Bedauern zur Kenntnis". Er sei "weiterhin überzeugt, dass wir die Verfassung brauchen, wenn wir ein demokratisches, soziales und starkes Europa wollen".

Der Ratifizierungsprozess müsse weitergehen. Dazu gebe es keine vernünftige Alternative. "Gleichwohl müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass viele Europäerinnen und Europäer Zweifel daran haben, ob Europa in der Lage ist, Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit zu geben."

Eurokurs fällt

Das deutliche Nein der Niederländer zur EU-Verfassung hat den Eurokurs am Mittwochabend auf den tiefsten Kurs seit über acht Monaten gedrückt. Der Kurs fiel deutlich unter die Marke von 1,22 Dollar. Mit 1,2175 Dollar kostete der Euro so wenig wie zuletzt am 21. September 2004.

Am vergangenen Sonntag hatten die Franzosen die EU-Verfassung mit 55 Prozent abgelehnt. Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen bei ihrem nächsten Gipfel am 16. und 17. Juni über das weitere Vorgehen entscheiden.

"Wir müssen wissen, welchen Kurs wir einschlagen", sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. "Ich hoffe, dass die Staats- und Regierungschefs ein klares Signal für die Zukunft Europas setzen werden."

Bislang haben neun EU-Staaten die Verfassung ratifiziert, darunter auch Deutschland. Damit der Vertrag aber in Kraft treten kann, muss er von allen 25 EU-Staaten ratifiziert sein.

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