"Nichts gelernt oder moralisch versagt":Zentralrat der Juden kritisiert Bischöfe

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Aussagen deutscher katholischer Bischöfe auf ihrer Nahost-Pilgerreise haben bei Juden empörte Reaktionen und massive Irritationen ausgelöst. Die Bischofskonferenz bedauerte den "Missklang".

Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, nannte die Äußerungen "entsetzlich und völlig inakzeptabel. Der israelische Botschafter Schimon Stein sprach von einer Dämonisierung Israels. Der Sekretär der Bischofskonferenz, Hans Langendörfer, bedauerte den entstandenen Missklang.

Die Mitglieder des Ständigen Rates der Deutschen Bischofskonferenz hatten eine Woche lang Israel und die palästinensischen Autonomiegebiete besucht. Knobloch und Vizepräsident Dieter Graumann kritisierten, dass dabei der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke die Zustände in den palästinensischen Städten mit dem Warschauer Getto verglichen habe.

Außerung mit antisemitischem Charakter

Der Augsburger Bischof Walter Mixa habe zudem von israelischem Rassismus im Umgang mit den Palästinensern gesprochen. Diese Aussagen bedienen nach den Worten Knoblochs Klischees, "die sich hart an der Grenze des Antisemitismus bewegen".

Der Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe im Bundestag, Jerzy Montag, forderte die Bischöfe zu einer Entschuldigung auf. Knobloch nannte es besonders enttäuschend, dass die Reise mit solchen Entgleisungen geendet habe.

"Auch wir wissen, dass die Situation der Palästinenser nicht leicht ist", sagte Graumann nach Angaben des Kölner Stadt-Anzeigers. "Wer aber deren Lage mit dem Leiden der Juden in den Gettos der Nazis gleichsetzt, der hat aus der Geschichte nichts gelernt. Diese Äußerung hat antisemitischen Charakter."

Der Vergleich zeuge von dem judenfeindlichen Versuch, mit Hinweis auf Verbrechen der Nachfahren der Opfer die Taten der Nazis zu relativieren. Der Zentralrat erwarte Lehmann, dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, eine Klarstellung.

Stein warf den Bischöfen Demagogie und Dämonisierung Israels vor. Wer Begriffe wie "Warschauer Getto" im Zusammenhang mit israelischer oder palästinensischer Politik verwende, habe "alles vergessen oder nichts gelernt oder moralisch versagt".

Langendörfer erklärte, es seien beim Besuch in Bethlehem "unter dem Eindruck der bedrückenden Situation" aus der "emotionalen Betroffenheit Einzelner heraus einige wenige sehr persönliche Bemerkungen gefallen, die bereits selbstkritisch richtig gestellt" worden seien. "Dies gilt vor allem für eine Nebenbemerkung, die auf das Warschauer Getto anspielte."

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