Nichtraucherschutz:Zwischen Zwang und Verweigerung

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Die Bundesländer wollen den Nichtraucherschutz in Deutschland verbessern, aber ihre Pläne weichen erheblich voneinander ab.

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Alle waren sich einig vor ein paar Wochen in Dessau: Der Nichtraucherschutz müsse verbessert werden, der Handlungsbedarf sei enorm. Ohne Gegenstimme beschlossen die Gesundheitsminister der Länder und des Bundes ein Papier, wonach freiwillige Vereinbarungen für den Nichtraucherschutz nicht ausreichten.

Daneben seien gesetzliche Verbote ein "zunehmend wichtiges Instrument". Das Bild, das sich derzeit über Ländergrenzen hinweg bietet, ist jedoch noch sehr uneinheitlich.

Schulen

Zehn der sechzehn Bundesländer schützen ihre Schüler vor Rauch, die meisten erst seit wenigen Jahren. Zuletzt haben sich Bayern und Bremen entschieden, auf Zwang zu setzen.

Wenn die Schüler nach den Ferien in die Schulen zurückkehren, müssen sie sich dort ihre Sucht verkneifen. Gleiches gilt für Lehrer, und zwar nicht nur im Gebäude, sondern auch auf dem Schulgelände. Bremen ermöglicht es den Schulen sogar, eine Art Bannmeile um ihr Gelände herum festzulegen, innerhalb derer weder Schüler noch Lehrer qualmen dürfen.

Wer dies dennoch tut, muss mit einem Bußgeld von mehreren hundert Euro rechnen. In Hessen gibt es zwar keine Bannmeile, doch auch hier drohen harte Strafen beim Verstoß gegen das Rauchverbot: Schüler müssen mit Schulverweisen rechnen, Lehrer mit Disziplinarverfahren.

Die Länder ohne Verbote an den Schulen sind zum Teil Nachzügler, teilweise aber auch Verweigerer. Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt verkünden zumindest, es den Vorreitern gesetzgeberisch gleichtun zu wollen.

Klein ist die Gruppe der Totalverweigerer. In Mecklenburg-Vorpommern hat die oppositionelle CDU wiederholt Vorstöße für ein Verbot an den Schulen unternommen, die regelmäßig an der rot-roten Regierung scheiterten. In Sachsen gibt es kein flächendeckendes Rauchverbot, hier liegt die Entscheidung bei den Schulen selbst.

Bis Ende nächsten Jahres sollen zwei Drittel zigarettenfrei sein - derzeit sind es etwa 40 Prozent. In Thüringen fürchtet man, dass durch ein generelles Verbot das Problem lediglich nach draußen verdrängt werde - und ist deshalb dagegen. Schulleiter können stattdessen den über 16-Jährigen das Rauchen an bestimmten Orten gestatten. Von etwa 500 weiterführenden Schulen waren bis Ende 2005 etwa 150 nicht rauchfrei.

Selbst in Kindertagesstätten sind Rauchverbote noch lange nicht die Regel. So werden zwar beispielsweise in Brandenburg, Hamburg und Hessen die Schüler vor dem Qualm geschützt, die Kleineren und die Nichtraucher unter den Kita-Betreuern allerdings nicht. Sachsen dagegen verzichtet bei den Schulen auf Zwang, tut sich aber bei der Rauchfreiheit in den Kitas hervor.

Öffentliche Gebäude

Noch weniger Rücksicht als in Schulen wird in der Regel in öffentlichen Gebäuden genommen. So war Bremen in der vergangenen Woche das erste Bundesland, welches das Qualmen in Krankenhäusern verboten hat. Worauf manch ein Raucher spekulieren mag: Sollte es die Therapie erfordern, dann sind Ausnahmen möglich, diese kann allerdings nur ein Arzt festlegen.

Andere Länder wie Baden-Württemberg oder Berlin haben angekündigt, mit Verboten an Krankenhäusern nachzuziehen. Freiwillige Vereinbarungen hingegen sind aus Sicht von Ländern wie Bayern, Brandenburg, Saarland, Sachsen oder Schleswig-Holstein der einzig richtige Weg. Saarland etwa verweist auf das Projekt "Rauchfreies Krankenhaus", in dem Zertifikate an vorbildliche Kliniken verliehen werden.

Ebenso durchwachsen ist die Lage für Nichtraucher in anderen öffentlichen Gebäuden in Deutschland, umfassende Rauchverbote sind selten. Baden-Württemberg hat zwar ein weitreichendes Gesetz für den Nichtraucherschutz angekündigt, prüft aber noch, inwieweit das Land überhaupt zuständig ist. Hoffen dürfen die Nichtraucher auch in Berlin. Bleibt die rot-rote Koalition an der Regierung, soll es ein generelles Rauchverbot in öffentlichen Räumen geben.

In Brandenburg gibt es ein solches schon in allen Gebäuden des Landes, allerdings nur in den Teilen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind. Dieses Verbot kann aber auch auf das ganze Haus ausgedehnt werden. Die Mitarbeiter, die neuerdings regelmäßig rauchend vor dem Brandenburger Gesundheitsministerium stehen, zeugen davon, wofür man sich in dieser Behörde entschieden hat. Auf freiwillige Vereinbarungen setzen auch insofern Bayern, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland.

Gaststätten

Restaurants, Kneipen und Bars sind von Rauchverboten bisher weitgehend ausgenommen, kaum ein Land hat konkrete Pläne, dies zu ändern. Die meisten verweisen auf die freiwillige Vereinbarung mit dem Gaststättenverband oder auf die Zuständigkeit des Bundes.

Entgegen den öffentlichen Erklärungen von Horst Seehofer sei vom Bundesgesundheitsministerium jedoch, so seine Kollegin aus Sachsen-Anhalt, Gerlinde Kuppe (SPD), "trotz mehrfacher Nachfragen unsererseits nichts Genaues über mögliche Pläne zu hören".

© SZ vom 5.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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