New York:Zwei unversöhnliche Staatsmänner

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Vor der UN-Vollversammlung wirft Irans Präsident Ahmadinedschad den USA vor, den Sicherheitsrat als Instrument für Drohungen zu missbrauchen. Präsident Bush fordert am selben Ort, der Iran müsse "sein Streben nach Atomwaffen" aufgeben.

Die Präsidenten der USA und des Irans haben vor der UN-Vollversammlung keine Anzeichen für eine Änderung in ihrem Konfliktkurs erkennen lassen.

Präsident Ahmadinedschad: "Wir haben es hier mit einem Mann zu tun, der den Holocaust leugnet." (Foto: Foto: AFP)

George W. Bush und Mahmud Ahmadinedschad zeigten sich am Dienstag in New York unversöhnlich und vermieden eine persönliche Begegnung. Die Regierung in Teheran müsse "ihr Streben nach Atomwaffen" aufgeben, forderte Bush vor den Delegierten aus 192 Staaten.

Auch wandte er sich direkt an das iranische Volk und forderte es auf, den Äußerungen ihrer Führer über Amerika keinen Glauben zu schenken.

Ahmadinedschad erklärte, sein Land habe das Recht auf die friedliche Nutzung der Atomkraft. Die iranischen Nuklearprojekte unterstünden der Kontrolle durch Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Die nuklearen Aktivitäten des Irans seien "transparent, friedlich und unter den aufmerksamen Augen der Inspektoren der Internationalen Atomenergieorganisation". Zu den Verhandlungen mit der EU äußerte er sich nicht.

Den USA und Großbritannien warf Ahmadinedschad vor, den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen als Instrument für Drohungen zu missbrauchen. Um Ausgewogenheit in dem höchsten UN-Gremium zu schaffen, sollte den Blockfreien Staaten, der Organisation der Islamischen Staaten und dem afrikanischen Kontinent umgehend je ein fester Sitz mit Vetorecht gegeben werden, forderte Ahmadinedschad. Langfristig sei die ernste und umfassende Reform des Sicherheitsrates unabdinglich, erklärte er.

"Ein Mann, der den Holocaust leugnet"

Ahmadinedschad hörte sich Bushs Ansprache nicht an; sein Platz in der Vollversammlung blieb leer. Er blieb auch einem Empfang auf Einladung von UN-Generalsekretär Kofi Annan fern, an dem Bush teilnahm. Nach iranischen Angaben, weil dort Alkohol serviert wurde.

Die US-Delegation bei den Vereinten Nationen hatte bereits zuvor mitgeteilt, der Rede Ahmadinedschads in der Vollversammlung fern bleiben zu wollen. Der Platz der USA werde lediglich mit einem "niedriger angesiedelten Mitarbeiter" besetzt sein, der Notizen machen soll, kündigte Washingtons UN-Botschafter John Bolton an. "Wir haben es hier mit einem Mann zu tun, der den Holocaust leugnet", begründete er den Boykott in einem Interview des Senders Fox News.

US-Präsident George W. Bush hat den scheidenden UN-Generalsekretär Kofi Annan trotz aller Differenzen mit höchstem Lob bedacht. Bei einem Mittagessen der politischen Spitzengäste am Rande der UN-Generaldebatte rief Bush am Dienstag die Teilnehmer auf, ihr Glas zu erheben auf Annan, der zehn Jahre einen "exzellenten Dienst" an der Spitze der Staatengemeinschaft geleistet habe. Annan sei ein harter Arbeiter, er sei anständig und ehrenhaft, fuhr Bush fort.

"Lasst uns aufstehen und diesem guten Mann und guten Freund zuprosten." Zwischen dem US-Präsidenten und Annan hatte es eine ganze Reihe von Konflikten gegeben. So hatte Annan beispielsweise während des Libanon-Konflikts Bushs Absage an einen sofortigen Waffenstillstand massiv kritisiert. Davor gab es unter anderem Differenzen über den Irakkrieg, die Rolle des Chefs der Internationalen Atomenergie- Organisation IAEO, Mohammed el Baradei, und um das Gefangenenlager Guantanamo Bay, in dem die USA hunderte mutmaßliche Terroristen zum Teil schon Jahre lang ohne gerichtliche Prozeduren festhalten.

Fox für eine Vergrößerung des Weltsicherheitsrats

Annan sagte bei dem Essen, den UN gehe es wie einer Familie: Es sei oft nicht leicht gewesen, Übereinkünfte zu erreichen, Mitglieder seien manchmal frustriert und enttäuscht gewesen. "Aber wie es mit jeder Familie ist: Die Mitglieder kommen immer ins Haus zurück."

Der mexikanische Präsident Vicente Fox sprach sich vor der Vollversammlung für eine Ausweitung des Weltsicherheitsrats aus. Eine größere Zahl von nichtständigen Mitgliedern würde die Transparenz und Wirksamkeit des Gremiums stärken, sagte Fox am Dienstag in New York. Die Zahl von fünf ständigen Mitgliedern solle hingegen unverändert bleiben.

Zehn Staaten gehören dem Sicherheitsrat für jeweils zwei Jahre als nichtständige Mitglieder an. Der jordanische König Abdullah II. Rief Israel zum Rückzug von allen besetzten Gebieten auf. Nur so könne der Kreislauf der Gewalt im Nahen Osten beendet werden, sagte Abdullah.

"Nie ist es für die Weltgemeinschaft wichtiger gewesen als jetzt, entschlossen auf den Frieden in meiner Region hinzuwirken", rief der Monarch mit Blick auf den Libanon-Krieg im Juli und August den Delegierten aus 192 Staaten zu.

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