New Orleans:Bürgermeister vermutet noch Zehntausende in der überfluteten Stadt

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Dem US-Militär ist es gelungen, einen entscheidenden Dammbruch zu reparieren. Doch es wird noch drei Monate dauern, das Wasser aus der gesamten Stadt abzupumpen. Rettungskräfte beginnen mit der Bergung der Toten. US-Präsident Bush reist nach immer heftigerer Kritik ein zweites Mal in das Katastrophengebiet.

Eine Woche nach dem verherrenden Hurrikan "Katrina" ist es US-Spezialeinheiten gelungen, einen knapp 100 Meter langen Dammbruch in New Orleans zu reparieren. Nach Armeeangaben wurden am Sonntag 700 rund 1500 Kilo schwere Sandsäcke über der Bruchstelle abgeworfen.

Rettung mit dem Hubschrauber: Noch bis zu 60.000 Menschen benötigen Hilfe in New Orleans. (Foto: Foto: AFP)

Nach der Reparatur dieses Dammes wird es rund drei Monate dauern, bis das Wasser aus dem gesamten Stadtgebiet abgepumpt sein wird. In New Orleans haben Hilfskräfte am Sonntag parallel zu weiteren Rettungseinsätzen mit der schrecklichsten Phase der Bergungsarbeiten begonnen.

Sie durchkämmten die überfluteten Straßen und Häuser nach Leichen. In der weithin verwüsteten Südstaatenmetropole strömte ein bestialischer Verwesungsgeruch aus vielen Gebäuden. US-Gesundheitsminister Michael Leavitt warnte die verbliebenen Einwohner vor Krankheiten, Seuchen und dem besonders lebensgefährlichen West-Nil-Virus.

Noch über 50.000 Einwohner in New Orleans

Die Einsatzkräfte kündigten Haus-zu-Haus-Durchsuchungen an, um die verbliebenen Einwohner notfalls unter Zwang aus der Stadt zu bringen.

Bürgermeister Ray Nagin sagte dem Nachrichtensender CNN, dass sich nach der Evakuierung von 50.000 Menschen noch weitere 50.000 bis 60.000 Einwohner in den gefluteten Stadtteilen aufhalten könnten.

"Wir retten immer noch Menschen von Dächern und aus Obergeschossen", sagte eine Sprecherin der Stadt am Sonntagabend. Viele der Verbliebenen könnten in Häusern gefangen sein, die von Fluten umspült sind. Die Polizei teilte mit, mindestens 1000 Hilferufe pro Tag zu erhalten.

Wohin mit all den Flüchtlingen?

In der bislang größten Rettungsaktion in der Geschichte der Vereinigten Staaten hatte die US-Armee innerhalb eines Tages Zehntausende obdachlos gewordene Menschen mit Flugzeugen, Helikoptern, Bussen und Bahnen aus New Orleans in Sicherheit gebracht.

Die beiden größten Notunterkünfte, der Superdome und das Convention Center, sind nach US-Medienberichten komplett geräumt. Vor den Absperrungen trafen allerdings auch am Wochenende weiterhin Hilfesuchende ein.

In den nicht unmittelbar vom Hurrikan "Katrina" betroffenen Staaten wächst inzwischen die Sorge, wie die mehr als 500.000 obdachlos gewordenen Menschen versorgt werden können. Allein in Texas trafen mehr als 230.000 Flüchtlinge ein. Gouverneur Rick Perry ordnete daher ein, einen Teil der Bedürftigen in andere Staaten auszufliegen. In New Mexico trafen 6.000, in Arizona 2.000 Betroffene ein.

Menschen zweiter Klasse

Zugleich verschärfte sich am Sonntag die politische Auseinandersetzung über die Schuld an dem Rettungsdesaster. US-Präsident Bush will nach heftiger Kritik an seinem Krisenmanagement das Katastrophengebiet an diesem Montag zum zweiten Mal binnen weniger Tage besuchen.

Mehrere schwarze Kongressabgeordnete lasteten der US-Regierung außerdem mehr oder weniger deutlich an, dass die Schwarzen, die hauptsächlich von dem Unglück betroffen sind, wie Menschen zweiter Klasse behandelt würden.

Ein Gebiet so groß wie Großbritannien verwüstet

Eine Woche nach dem Hurrikan, der nach Angaben von Bush ein Gebiet so groß wie Großbritannien verwüstete, stehen die Behörden vor einer humanitären Katastrophe. Rund eine Million Einwohner in drei Bundesstaaten verloren ihr Zuhause.

Die Bundeswehr schickte einen weiteren Airbus mit Lebensmitteln für die Hurrikan-Opfer in die USA. Die USA nahmen derweil ein Hilfsangebot der UNO an. US-Präsident George W. Bush ordnete landesweit Halbmast-Beflaggung an.

Die Gesamtschäden werden auf bis zu 100 Milliarden Dollar (80 Milliarden Euro) geschätzt. Etwa 345.000 Menschen wurden laut CNN bis Sonntag in Notunterkünften untergebracht, mindestens 350.000 Häuser wurden nach Behördenangaben zerstört.

Nach der Ankündigung der USA, internationale Hilfe für die Katastrophenregion anzunehmen, sagten bis Sonntag rund 55 Staaten ihre Unterstützung zu. Die Bundeswehr schickte einen weiteren Airbus mit Lebensmitteln für die Hurrikan-Opfer in die USA.

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