Neujahrspredigten:"Vergehen gegen die Wahrheit"

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Die Kirchen verabschieden das Jahr 2017 mit Gottesdiensten - und mahnenden Worten. Papst Franziskus warnt am Silvesterabend vor einem "menschlichen, sozialen und ökologischen Niedergang".

Papst Franziskus hat im Vatikan mit Dank, aber auch mit der Erinnerung an Gewalt und Unrecht das zu Ende gehende Jahr verabschiedet. Bei einem Gottesdienst am Silvesterabend im Petersdom nannte das Kirchenoberhaupt Kriege das offenkundige Zeichen eines "wiederkehrenden und absurden Stolzes". Auch andere "kleine und große Vergehen gegen das Leben, die Wahrheit und die Brüderlichkeit" trügen zu einem menschlichen, sozialen und ökologischen Niedergang bei. Dafür müssten alle Verantwortung vor Gott, den Mitmenschen und der Schöpfung übernehmen, so der Papst.

Auch in Deutschland verabschiedeten die Kirchen das Jahr 2017 mit Gottesdiensten. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, rief die Christen auf mitzuhelfen, Europa zu einem Projekt des Friedens zu machen. Auch wenn es darauf keine leichten Antworten gebe, dürfe das Projekt Europa nicht zerstört werden, sagte der Münchner Kardinal. Er erinnerte daran, dass sich 2018 das Ende des Ersten Weltkriegs zum 100. Mal jährt: "Dieser schreckliche Krieg, in dem Christen gegen Christen kämpften." Auch werde des Beginns des Dreißigjährigen Krieges vor 400 Jahren gedacht. Religion dürfe nie wieder benutzt und pervertiert werden, um andere zu beherrschen, sagte Marx. Das Jahr 2017, in dem der Reformation vor 500 Jahren gedacht wurde, habe gezeigt, dass trotz einer belastenden Geschichte Christen beider Konfessionen gemeinsam Zeugnis für Christus ablegen könnten.

Religion dürfe nie wieder benutzt werden, um andere zu beherrschen, sagt Kardinal Marx

Angesichts der Unzufriedenheit in Deutschland hat der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, zur Besinnung auf das Wesentliche gemahnt. Beim ZDF-Neujahrsgottesdienst in Frauenkirche in Dresden empfahl er "die Neuentdeckung der Frömmigkeit, die uns den Blick auf die Fülle des Lebens öffnet". Das sei vielleicht das Wichtigste im Deutschland des Jahres 2018, "einem reich gesegneten Land, in dem dennoch Knappheitsgefühle und Verlustangst überhand zu nehmen drohen", sagte er. Es gelte, herauszufinden aus dem Gefühl, zu kurz zu kommen, und zu entdecken, "aus welcher Fülle wir leben dürfen".

Münsters Bischof Felix Genn appellierte an Gläubige und Machthaber dieser Welt, für den Frieden einzutreten. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf stellte sich vor Papst Franziskus. "Besonders im vergangenen Jahr musste der Papst viele Anfeindungen ertragen, die stärker als früher substanziell waren. Lautstarke Gruppen in der Kirche warfen dem Papst sogar Irrlehre vor, ein ungeheuerlicher Vorwurf." Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki verurteilte Abtreibungen in Deutschland und Gentechnik zur Veränderung des menschlichen Erbguts.

© SZ vom 02.01.2018 / kna - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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