Neuer SPD-Vorsitzender:Traumergebnis für Platzeck

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Der brandenburgische Ministerpräsident ist mit sensationellen 99,4 Prozent der Stimmen zum neuen SPD-Chef gewählt worden. Bei der Wahl der fünf Stellvertreter differenzierten die Delegierten deutlich. Der neue Generalsekretär erhielt ein sehr mageres Ergebnis.

512 von 515 Delegierten stimmten auf dem SPD-Bundesparteitag in Karlsruhe für Platzeck, es gab nur zwei Nein-Stimmen und eine Enthaltung. Ein besseres Ergebnis hatte nur Kurt Schumacher in den Jahren 1947 und 1948 bekommen.

Nach seiner Wahl wurde Platzeck stürmisch gefeiert. Die Delegierten spendeten ihm stehend minutenlang Applaus. Unter den ersten Gratulanten waren sein Vorgänger Franz Müntefering und der scheidende Bundeskanzler Gerhard Schröder, die Platzeck herzlich umarmten.

Platzeck nahm die Wahl "mit großer Freude" an. In Anspielung auf seine Herkunft aus der früheren DDR sagte er: "Das Ergebnis ist wohl regulär zustande gekommen." Der 51-Jährige ist erst seit 1995 SPD-Mitglied und der zehnte Vorsitzende seit dem Zweiten Weltkrieg.

Müntefering hatte mit nur 20 Monaten die kürzeste Amtszeit aller bisherigen SPD-Vorsitzenden.

Bei den fünf stellvertretenden Vorsitzenden erzielte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck mit 92,2 Prozent das beste Ergebnis. Beck war nach Münteferings Rückzug auch als Parteivorsitzender gehandelt worden, verzichtete aber zugunsten Platzecks.

Dämpfer für Ute Vogt

Neu zu Vize-Vorsitzenden gewählt wurden die saarländische Bundestagsabgeordnete Elke Ferner (83,3 Prozent), der designierte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (82,1 Prozent) und die Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (79,9 Prozent).

Einen Dämpfer bei ihrer Wiederwahl erhielt die baden-württembergische Landesvorsitzende und Spitzenkandidatin Ute Vogt: sie erhielt nur noch 67,3 Prozent. Das ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass Vogt sich vor zwei Wochen im Parteivorstand für die Parteilinke Andrea Nahles als Generalsekretärin aussprach und damit dem damaligen Parteichef Franz Müntefering in den Rücken fiel, der sich für Bundesgeschäftsführer Kajo Wasserhövel ausgesprochen hatte. Nahles' Nominierung veranlasste Müntefering, nicht mehr als Parteivorsitzender anzutreten.

Zum neuen Generalsekretär wurde der 33-jährige Bundestagsabgeordnete Hubertus Heil gewählt. Er erhielt allerdings nur 61,7 Prozent der Stimmen. Heil folgt Kai-Uwe Benneter nach, der sich nicht mehr zur Wahl gestellt hatte.

Schatzmeisterin bleibt Inge Wettig-Danielmeier, die mit 76,4 Prozent bestätigt wurde. Die 69-Jährige hat das Amt bereits seit 1992 inne.

Platzeck hatte zuvor davor gewarnt, einzelne Kandidaten bei den anschließenden Neuwahlen zur Parteispitze abzustrafen, wie es vor allem von Seiten einiger Parteirechter angedroht worden war. "Wer als einen wichtigen Grundwert Solidarität auf seinen Fahnen hat, der muss auch zu Solidarität in den eigenen Reihen fähig sein."

Nach den Führungsquerelen der vergangenen Wochen solle die SPD wieder den Blick nach vorne zu richten. "Es sind Fehler gemacht worden", aber Sozialdemokraten sollten fähig sein, "sich wieder die Hand zu geben und miteinander kameradschaftlich zu arbeiten".

Platzeck: Partei braucht alle jungen Talente

Platzeck räumte ein, er habe mit Heil, der die Bewerbung von Nahles unterstützt hatte, deswegen "eine lautstarke Auseinandersetzung" gehabt. Dies ändere aber nichts daran, dass die Partei gerade die "jungen Talente" wie Heil und Nahles brauche.

"Ich möchte, dass das Signal von Karlsruhe ausgeht: Auch Sozialdemokraten machen Fehler, aber sie machen sie nur einmal und nicht denselben Fehler mehrmals hintereinander", sagte Platzeck. Die Auseinandersetzungen, die die Partei nach außen zu führen habe, würden schon schwer genug.

Um das Amt des SPD-Vorsitzenden bewarb sich Platzeck mit den Worten: "Dieser großen sozialdemokratischen Partei anzugehören, das erfüllt mich mit Stolz und mit großer, großer Freude." Gleichzeitig sei sein künftiges Amt eine "große Verpflichtung, die ich sehr ernst nehme."

Er mahnte die Partei, sich nicht mit sich selbst zu beschäftigen, sondern täglich hart dafür zu arbeiten, "dass das Leben besser wird und nicht nur für wenige, sondern für alle Menschen in unserem Land".

Platzeck sagte, er teile nicht die Befürchtung einiger in der SPD, die Partei könne in der großen Koalition Identität und Profil verlieren. In einem solchen Bündnis werde vor allem die Fähigkeit zum intelligenten Kompromiss gebraucht. "Denn der Wettbewerb um die besseren Ideen für unser Land wird durch die große Koalition nicht ausgesetzt."

Die rund 500 Delegierten wählen abschließend die weiteren Mitglieder für den 45-köpfigen Vorstand.

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