Neuer Anlauf zur Föderalismus-Reform:Bundespräsident mahnt zur Eile

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Das Scheitern der Gespräche sei "kein Ruhmesblatt für die Politik", kritisierte Horst Köhler. Auch Franz Müntefering und Edmund Stoiber wollen die Verhandlungen wieder aufnehmen.

Von Philip Grassmann

Nach dem Scheitern der Gespräche über eine Föderalismusreform hat Horst Köhler alle Seiten aufgefordert, so bald wie möglich einen neuen Anlauf zu unternehmen. Es komme nun darauf an, "das Thema nach einer kurzen Denkpause" zu einem Ergebnis zu bringen, sagte Köhler. Die Reform sei zu wichtig, um sie bis nach der Bundestagswahl 2006 zu verschieben.

Mahnt zur Eile: Bundespräsident Horst Köhler. (Foto: Foto: Reuters)

Der Fehlschlag sei "kein Ruhmesblatt für die Politik", kritisierte das Staatsoberhaupt Bund und Länder. Die Verhandlungen waren am Freitag am Streit um die Zuständigkeit von Bund und Ländern in der Bildungspolitik gescheitert.

Müntefering und Stoiber für neuen Versuch

Auch die beiden Vorsitzenden der Kommission, SPD-Chef Franz Müntefering und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sprachen sich für einen erneuten Versuch aus. Stoiber meinte, der Einigungsdruck werde wachsen.

Die Idee, einen parteienfernen Verfassungskonvent einzuberufen, wies Stoiber zurück: "Wir haben kein Erkenntnisproblem, wir haben ein reines Entscheidungsproblem", sagte der CSU-Vorsitzende. Müntefering sagte: "Das war ein erster Versuch und der Versuch geht weiter." Der SPD-Chef hält eine Einigung bis Mitte 2005 für möglich, falls es gelingen sollte, den Kompetenzstreit in der Bildungspolitik zu überwinden.

In der Unionsspitze wird eine baldige Neuauflage allerdings mit Hinweis auf die Wahlkämpfe in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen als schwierig angesehen. Voraussetzung sei ein klares Signal des Bundes in der Bildungspolitik.

Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) kündigte an, sie werde im kommenden Jahr "konkrete Pläne zur Neuordnung der Zuständigkeit von Bund und Ländern" vorlegen. Bulmahn sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, ihre Vorschläge könnten ohne Grundgesetzänderung verwirklicht werden.

Als Beispiele nannte sie ein Hochschulgesetz, das sich "auf wenige Kernpunkte" beschränken solle, sowie die Neuordnung des Hochschulbaus. Gleichzeitig betonte die Ministerin, dass sich der Bund aus dem Bildungsbereich nicht gänzlich zurückziehen werde.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) schlug als Kompromiss ein Initiativrecht des Bundes in der Bildungspolitik vor. Diese Initiative müsse aber im Einvernehmen mit den Ländern stehen. Gleichzeitig machte er Bulmahn mitverantwortlich für das Scheitern der Kommission. Ihr Vorstoß zur Abschaffung der Hauptschulen sei "für die Arbeit der Föderalismuskommission alles andere als förderlich" gewesen, sagte er der Süddeutschen Zeitung.

Auch Steinbrück verlangte einen neuen Anlauf, sprach sich aber gegen eine erneute Einsetzung der Föderalismuskommission aus. Stattdessen regte er die Einberufung eines Verfassungskonvents an. Eine ähnliche Forderung hatte zuvor bereits die FDP erhoben.

© SZ vom 20.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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