Neue Währung im Irak:Saddam Husseins Blicken entzogen

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Die nun ausgegebenen Geldscheine ohne das Konterfei des gestürzten Diktators sollen zum Symbol für einen neuen Staat werden. Die neuen Scheine zeigen stattdessen historische Motive.

Von Heiko Flottau

(SZ vom 16.10.2003) - Eine Währung ist das Spiegelbild der Wirtschaft. In den Jahren vor dem Überfall Saddam Husseins auf Kuwait musste man 3,5 US-Dollar zahlen, um einen einzigen irakischen Dinar kaufen zu können. Freilich war dieser offizielle Umtauschkurs schon damals ein Etikettenschwindel. Heimlich, um nicht von der allgegenwärtigen Geheimpolizei überrascht zu werden, trafen sich Ausländer mit Schwarzhändlern, die ihnen einen weit besseren Kurs anboten.

In Bagdad können die neuen Scheine eingetauscht. Um die alten mit Saddam Husseins Gesicht zu sehen, klicken Sie auf das Bild. (Foto: Foto: dpa)

Die einst florierende irakische Wirtschaft war durch Saddam Husseins achtjährigen Krieg gegen den Iran schon halb ausgeblutet. Der von der Regierung festgelegte Kurs entsprach nicht mehr der Wirtschaftskraft. Nach dem Kuwait-Krieg kollabierte die einst stabile Währung vollends. Für 3,5 Dollar bekam man nicht mehr einen, sondern gleich 7000 Dinar.

Währung nicht aufgewertet

Seit dem gestrigen Mittwoch gibt es einen neuen Dinar. Es scheint, als ob ein Wort aus der deutschen Innenpolitik im Irak Schule machte: Auch im Irak wird die Reform, in diesem Falle die Währungsreform, "eins zu eins" umgesetzt. Denn für einen alten Dinar gibt es einen neuen Dinar. Kein Wunder, dass die Währung nicht aufgewertet wurde, denn die Wirtschaftskraft des Landes hat sich seit dem von Amerika erzwungenen Regimewechsel nicht verbessert.

Warum also überhaupt neue Scheine? Die Amerikaner und ihre irakischen Untertanen sind sich zumindest in einem Punkt einig: Sie wollen ein Stück der Vergangenheit des Landes bewältigen, sie wollen Saddam Husseins Konterfei von der Währung des neuen Irak entfernen.

Denn viele hundertmillionenmal blickte der mittlerweile gestürzte Despot von den Scheinen auf die Menschen. Tauschte man etwa hundert Dollar um, erhielt man 200 000 Dinar in 800 Scheinen a 250 Dinar, von denen achthundertmal Saddam Hussein blickte.

Geschichtliche Motive

Die neuen Banknoten, die es auch als 50, 250, 1000, 5000, 10.000 und 25.000 Dinarnoten gibt, greifen auf die altmesopotamische und die islamische Geschichte des Irak zurück. Sie zeigen einen babylonischen Herrscher, einen berühmten muslimischen Mathematiker und einen alten islamischen Kompass.

Sie ähneln jenen Noten, welche in den achtziger Jahren im Umlauf waren, als Saddam Hussein noch nicht beschlossen hatte, sich auf jeder Banknote zu verewigen.

"Schweizer Dinar" wird abgeschafft

Auch sollen die Geldscheine die Einheit des Landes stärken. Bis jetzt gab es in den kurdischen Gebieten den alten "Schweizer Dinar". Er war einst in der Schweiz gedruckt worden und wegen der besseren Wirtschaftslage in Kurdistan genau 150 mal mehr wert als ein normaler Dinar. Jetzt aber soll der Irak finanziell nicht mehr geteilt sein. Die Parole lautet: ein Land, eine Währung.

Und noch einen Vorteil hat das neue Zahlungsmittel: Es ist weitaus fälschungssicherer als die alten Papierscheine mit den Saddamporträts, von denen übrigens die letzten noch in diesem Sommer in Bagdad gedruckt wurden.

Altes Saddam-Geld als Erinnerung

Die neuen Scheine kommen aus England, beteiligt am Druck ist die alteingesessenen Firma Thomas de la Rue, welche einst schon die Briefmarken für die indischen Liegenschaften des britischen Empires fertigte. Transportiert wurden die immensen Geldmengen, praktisch der Gegenwert einer Volkswirtschaft, bei mehreren Flügen einer Boeing 737.

Doch noch ist das alte Saddam-Geld nicht vollends aus dem Verkehr, da beginnt schon die Nostalgiewelle. Im Internet sind alte 100 und 250 Dinarnoten, natürlich mit Saddambild, zu ersteigern. Ausgangspreis: 2,95 Dollar pro Stück. Eine alte 10.000 Dinarnote mit Saddambild kostet dagegen schon 33 Dollar.

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