Neue Vorwürfe gegen die Bundeswehr:Giftige Präsente

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Obwohl die Bundeswehr im Moment bereits genug Ärger hat, sind nun neue Anschuldigungen laut geworden: Deutsche Soldaten sollen bei einem Auslandseinsatz angeblich giftigen Trockenbrennstoff als "Bonbons" an Kinder verschenkt haben.

Dies sei im Zusammenhang mit der Affäre um Misshandlungen bei der Bundeswehr bekannt geworden, berichtet die Bild-Zeitung.

In der Kritik: Soldaten der Bundeswehr. (Foto: Foto: Reuters)

Ein ehemaliger Soldat habe den Vorfall in einer Eingabe an den Wehrbeauftragten des Bundestages geschildert. Allerdings seien die Angaben sehr vage: Weder hätte der Soldat das Land noch die Zeit genannt, in der sich der Vorfall ereignet habe. Wie die Zeitung weiter berichtet, wurde der Vorgang Verteidigungsminister Peter Struck vorgelegt.

Der Technische Leiter der baden-württembergischen Herstellerfirma des Brennstoffs "Esbit", Gerhard Mayer, sagte der Hörfunkagentur dpa/Rufa, die Substanz sei als "mittelgiftig" eingestuft. Es sei nicht lebensgefährlich.

Komplette Übersicht erst im Januar

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages, Reinhold Robbe (SPD), rechnet erst im nächsten Jahr mit einer kompletten Übersicht über mögliche Fälle von Misshandlung bei der Bundeswehr. Der Ausschuss werde die Angelegenheit wohl erst Ende Januar abschließend bewerten können. Zeitungen zitierten aus Berichten an den Ausschuss, wonach an insgesamt 19 Standorten Misshandlungsvorwürfe erhoben wurden.

Das Ministerium bestätigte ebenso wenig wie Robbe Details aus dem Bericht, sondern nur dessen Existenz und den Eingang beim Ausschuss. Beide beriefen sich auf die Klassifizierung als "vertraulich". Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Christian Schmidt, machte dringenden Nachholbedarf bei "klaren politischen Vorgaben und Richtlinien" aus. Minister Peter Struck stehe "als Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt in der Verantwortung".

Robbe sagte, dem Ausschuss lägen drei Berichte vor: ein Zwischenbericht des Ministeriums, in dem alle Fälle zurück bis 2000 aufgelistet seien, die "im weitesten Sinne mit den Vorgängen in Coesfeld vergleichbar" seien. Dort sollen Soldaten bei einer Geiselnahme-Übung misshandelt worden sein.

"Soldaten entwürdigend behandelt"

Ferner gebe es einen Bericht des Wehrbeauftragten, und schließlich verfüge der Ausschuss über einen Bericht der militärischen Führung. Die Behandlung dieser Drucksachen habe er auf die Tagesordnung der Ausschusssitzung am kommenden Mittwoch gesetzt, sagte Robbe. Dort sollten sie "in Anwesenheit des Verteidigungsministers" besprochen werden.

"Ich rechne aber nicht mit einer abschließenden Bewertung", meinte Robbe. Das halte er nicht für zweckmäßig, da vermutlich "in den nächsten Wochen" noch zusätzliche Fälle ans Licht kämen. Seine persönliche Meinung sei, dass "sicher bis Ende Januar alle Fälle eruiert" seien.

Die Bundeswehr-Führung hat insgesamt acht Fälle ausgemacht, bei denen wie in Coesfeld vorschriftswidrig Gefangennahme oder Geiselbefreiung von Ausbildern auf eigene Faust geübt wurden. Dabei sei es zumindest zu "Verstößen gegen die Grundsätze der Menschenführung", wenn nicht gar zu Misshandlungen gekommen.

Außer Kontrolle geraten

Weitere acht Fälle gebe es, in denen "Grundsätze der Inneren Führung gravierend missachtet oder Soldaten entwürdigend behandelt", aber nicht gezielt Gefangen- oder Geiselnahmen geübt wurden. In Doberlug, ebenfalls bei Fallschirmjägern, sollen Rekruten mit einem Elektrohalsband für Hunde traktiert worden sein.

Ferner seien zwei Vorfälle genannt, bei denen Übungen zur Geiselbefreiung außer Kontrolle geraten seien. Neben einer Aktion auf dem Stuttgarter Flughafen, bei der drei Beteiligte verletzt wurden, sei eine Übung beim Kommando Spezialkräfte (KSK) in Calw aufgeführt. Dabei sei im September ein KSK-Soldat durch herumfliegende Glassplitter verletzt worden.

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