Natur:Des Menschen Wolf

Ein Symbol für die Versöhnung von Mensch und Natur.

Von Matthias Drobinski

Der Wolf hat es schwer mit dem Menschen, seinem Konkurrenten um Fleisch und Revier. Die alten Römer ehrten ihn noch, dann ging es steil bergab mit dem Ruf. Das Tier wurde zum Inbegriff des Bösen, zum Feind des Hirten und des Lamms, zur tödlichen Gefahr für Rotkäppchen und die sieben Geißlein, gierig wie dumm. Das ist ihm schlecht bekommen, dem Wolf. Der Mensch hat ihn erschossen und erschlagen; wo der letzte verendete, hat er Zeichen des Triumphs gesetzt: Der böse, böse Wolf ist tot!

Wenn er die Menschengedanken verstünde, der Wolf, er würde staunen, so sehr hat sich sein Bild gewandelt. Jetzt muss er herhalten für die faszinierend abgründige Seite des Ichs, für die Versöhnung des Menschen mit der Natur. Die Sorge um die Rudel, die wieder durch die Wälder streifen, wirkt manchmal, als wolle ein Land sein schlechtes Gewissen beruhigen angesichts dessen, was man sonst so der Natur antut. Und wenn ein halbes Dutzend Wölfe ausbricht, stehen die Leute kopf - weil sie, wie zu Märchenzeiten, den Menschenfresser fürchten, oder weil sie mit den armen Tieren leiden.

Was er sich wünschen würde, der Wolf? Ruhe vor den Menschen. Und Lämmer satt. Das eine sollte der Mensch ihm gewähren, aus Respekt vor der Kreatur. Das andere natürlich nicht - und rational schauen, wie er das eine mit dem anderen verbinden kann. Der Wolf ist ein Tier, ein Raubtier halt. Der Rest ist Literatur.

© SZ vom 11.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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