Nahost:Hohe Beteiligung bei palästinensischer Präsidentenwahl

Lesezeit: 2 min

Die erste Präsidentenwahl der Palästinenser seit neun Jahren verläuft ruhig und friedlich. Die Boykottaufrufe der radikalislamischen Hammes zeigen keine Wirkung. Und der Sieger scheint auch schon festzustehen.

Bei der ersten palästinensischen Präsidentschaftswahl seit neun Jahren hat sich am Sonntag eine rege Beteiligung abgezeichnet. In den rund 1.000 Wahllokalen in Westjordanland und Gazastreifen standen die Menschen an, um ihre Stimme für einen der sechs Kandidaten abzugeben.

Der PLO-Chef und voraussichtliche Nachfolger von Jassir Arafat, Mahmud Abbas, gab seine Stimme in Ramallah ab. "Ich freue mich, von meinem Wahlrecht Gebrauch zu machen", sagte er. Der reibungslose Ablauf zeige, dass die Palästinenser auf dem Weg zu einer Demokratie seien.

Internationale Beobachter berichteten indes von Organisationsmängeln in Ostjerusalem. Nur 5.000 der 120.000 Palästinenser in Jerusalem durften ihre Stimme auf israelischen Postämtern abgeben. Die Mehrheit war gezwungen, die Stadt zu verlassen und in den Vororten zu wählen.

Viele Palästinenser erfuhren jedoch erst auf den Postämtern, dass sie nicht auf den Wahllisten stehen. "Es ist sehr verwirrend", sagte der frühere US-Präsident Jimmy Carter.

Nur kleinere Schikanen

Die israelische Polizei löste zwei antipalästinensische Demonstrationen auf. Mehrere dutzend Israelis versuchten, die Wahl an zwei Postämtern in Jerusalem zu stören. In den besetzten Gebieten lockerten die israelischen Streitkräfte wie angekündigt mit Beginn der Wahl die Reisebeschränkungen. Aus dem Westjordanland wurden nur vereinzelte Behinderungen gemeldet.

In vielen Orten war die Stimmung bei der ersten Präsidentschaftswahl seit 1996 feierlich. Die Menschen versprechen sich nach dem Tod Arafats eine Entspannung im Nahostkonflikt und einen pragmatischen Neubeginn.

"Ich bin gekommen, weil ich eine Zukunft will", sagte die 26 Jahre alte Hiba Hikmat, die als eine der ersten ihre Stimme in einer Schule in Gaza-Stadt abgab. "Ich will Frieden und Hoffnung nach dieser langen Zeit des Leidens."

Darum habe sie Mahmud Abbas, der auch Abu Masen genannt wird, ihre Stimme gegeben. Der 25-jährige Sijad Tbeleh war bei seiner Stimmabgabe in Nablus schon voller Vorfreude: "Ich glaube, Abu Masen wird gewinnen und wir werden heute Abend feiern."

Boykottaufruf der Hamas bleibt ungehört

Der 69-jährige Abbas setzt sich für eine rasche Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit Israel ein, hat sich im Wahlkampf aber auch demonstrativ hinter die bewaffneten palästinensischen Gruppen gestellt.

Eine hohe Wahlbeteiligung und ein deutlicher Sieg sind nach Ansicht von Beobachtern wichtig, um seine Position in Verhandlungen mit Israel und den radikalen Gruppen zu stärken. In jüngsten Umfragen lag er bei mehr als 50 Prozent. Stärkster Rivale von Abbas ist der 50-jährige Menschenrechtsaktivist Mustafa Barghuti. Er hat sich im Wahlkampf als Reformer, Fürsprecher der Armen und als Kämpfer gegen die Korruption in der palästinensischen Autonomiebehörde präsentiert.

Die radikalislamische Hamas, die zum Wahlboykott aufgerufen hat, warnte ihre Anhänger am Sonntag in Dschenin erneut vor einer Teilnahme an der Wahl. Die Menschen auf den Straßen forderten sich allerdings gegenseitig auf, von ihrem Wahlrecht gebrauch zu machen.

Insgesamt waren 1,8 Millionen Palästinenser wahlberechtigt. Die Wahllokale sollten bis 19 Uhr Ortszeit (18 Uhr MEZ) geöffnet bleiben. Mit ersten vorläufigen Ergebnissen wurde kurz nach Schließung der Urnen gerechnet.

(AP)

© N/A - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: