Nahost:Friedensgespräche nach Selbstmordanschlag unterbrochen

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Nach dem Attentat auf einen Bus Jerusalem mit mindestens 20 Toten hat Israel die Übergabe von Städten im Westjordanland gestoppt. Die palästinensische Autonomiebehörde kündigte für die kommenden Tage "Aktionen" gegen die Organisationen Hamas und Islamischer Dschihad an.

Die Zahl der Todesopfer bei dem Selbstmordanschlag auf einen Bus in Jerusalem ist am Mittwoch auf mindestens 20 gestiegen.

Unter den Toten sind sechs Kinder, wie die Behörden mitteilten. Aus Krankenhauskreisen hieß es, von den rund hundert Verletzten seien 40 Kinder. Die Identifizierung der Opfer gestalte sich schwierig.

Der voll besetzte Linienbus war auf dem Weg von der Klagemauer in der Altstadt Jerusalems in den Westteil der Stadt, als sich im Stadtteil Schmuel Hagai die Explosion ereignete. Bei den meisten Fahrgästen handelte es sich um gläubige Juden, die vom Gebet an dem jüdischen Heiligtum auf dem Heimweg in das Orthodoxen-Viertel Har Nof waren.

Der Attentäter hatte sich als orthodoxer Jude verkleidet und nach Polizeiangaben in die Mitte des Gelenkbusses gestellt und den Sprengsatz gezündet.

In einer ersten Reaktion sagte die israelische Regierung den für diese Woche geplanten Rückzug der Armee aus Jericho und Kalkilja im Westjordanland ab. Die Kontakte mit der palästinensischen Autonomiebehörde wurden eingefroren. Die israelische Armee schloss die Grenzübergänge zum Westjordanland und zum Gazastreifen. Die Polizei verstärkte ihre Streifen und errichtete an den Straßen nach Jerusalem Kontrollposten.

Dialog mit militanten islamischen Gruppen wird abgebrochen

Die palästinensische Autonomiebehörde kündigte an, ihren Dialog mit militanten islamischen Gruppen abzubrechen. Der palästinensische Informationsminister Nabil Amer verdammte das Attentat. Der Anschlag sei zu einem "kritischen Zeitpunkt" gekommen, bei dem es um die Bewahrung der Waffenruhe (Hudna) durch die palästinensischen Extremisten ging. Kurz vor der Tat hatte der palästinensische Ministerpräsident Mahmud Abbas in Gaza Verhandlungen mit Dschihad-Führern über die Fortsetzung der dreimonatigen Waffenruhe aufgenommen.

Ein Mitarbeiter der palästinensischen Autonomiebehörde teilte mit, in den kommenden Tagen werde es "Aktionen" der Sicherheitskräfte gegen die Organisationen Hamas und Islamischer Dschihad geben, die sich beide zu dem Anschlag bekannt hatten.

Ministerpräsident Mahmud Abbas ordnete Ermittlungen an und verurteilte den Anschlag als "fürchterliche Tat, die den Interessen des palästinensischen Volkes nicht dienlich sein kann."

Der Nahost-Friedensplan "Road Map" verpflichtet die palästinensische Autonomiebehörde, die militanten Organisationen aufzulösen. Dies lehnte Abbas bislang jedoch ab, weil er einen Bürgerkrieg befürchtete.

Das Attentat war der verheerendste Anschlag seit Beginn der Waffenruhe, die Hamas und Islamischer Dschihad Ende Juni ausgerufen hatten.

Beide Organisationen bekannten sich zu dem Anschlag. Der Islamische Dschihad bezeichnete das Attentat als Vergeltung für den Tod von Mohammed Sidr, einem ihrer Führer, der in der vergangenen Woche von israelischen Soldaten getötet worden war. Einem Bericht des israelischen Militärrundfunks zufolge war der Attentäter ein enger Freund von Sidr.

Die Hamas veröffentlichte in Hebron Flugblätter, in denen sie sich zu dem Attentag bekannte. Auch wurde ein Abschiedsvideo veröffentlicht, in dem sich der Attentäter als Mitglied des militärischen Hamas-Flügels Isedine el Kassam bezeichnet. Hamas-Führer Abdel Asis Rantisi erklärte jedoch, seine Organisation sei an dem Anschlag nicht beteiligt.

Das Weiße Haus verurteilte den Anschlag. Die US-Regierung rufe die palästinensische Autonomiebehörde auf, den Terrorismus zu zerschlagen, sagte ein Sprecher von US-Präsident George W. Bush in Washington. Ein hoher Regierungsbeamter versicherte gleichzeitig, der Nahost-Friedensplan sei nicht in Gefahr.

Bundesaußenminister Joschka Fischer sagte, wieder einmal versuchten die Feinde des Friedens, "die in den vergangenen Wochen aufkeimende Hoffnung auf Fortschritte im Friedensprozess zunichte zu machen"

(sueddeutsche.de/AP/dpa)

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