Nachruf:Der fürs Grobe

Der Journalist war eine Schlüsselfigur in der Barschel-Affäre. Drei Jahrzehnte später ist Reiner Pfeiffer im Alter von 76 Jahren gestorben. (Foto: Wulf Pfeiffer/dpa)

Wer in seine Nähe kam, den zog er in den Abgrund: Der Medienreferent Reiner Pfeiffer war in der Barschel-Affäre Strippenzieher und Whistleblower zugleich. Nun ist der Mann aus dem Schattenbereich der Politik gestorben.

Von Volker Skierka

Er war der größte Gernegroß in einer schmierigen Grauzone zwischen Journalismus und Politik. Wer ihm zu nahe kam, ob Freund oder Feind, Kollege oder Vorgesetzter, wurde von Reiner Pfeiffer in jenen Abgrund gerissen, in dem auch er schließlich landete: Zwei Ministerpräsidenten, stellvertretende Ministerpräsidenten, Minister, Staatssekretäre, ein Bundesfinanzminister und viele andere. Pfeiffer, der 1939 geborene Sohn eines westfälischen Polizeibeamten, war der Strippenzieher einer der wildesten politischen Affären der Nachkriegsgeschichte und ihr Whistleblower zugleich.

Von der Spitze des Springer-Konzerns 1987 als "Mann fürs Grobe" an den damaligen Ministerpräsidenten Uwe Barschel ausgeliehen, sollten seine Intrigen den SPD-Konkurrenten Björn Engholm "möglichst noch vor der Wahl von der Bildfläche verschwinden lassen", wie er der Süddeutschen Zeitung am Wahlsonntag des 13. September 1987 sagte. Zuvor hatte er gerade alles dem Spiegel verraten. Triumph und Tragödie lagen bei der Aufklärung der Affäre dicht beieinander. Bis heute gibt es unzählige Wahrheiten über Täter, Opfer, Taten. Barschel wurde kurz nach der Enthüllung tot in einer Genfer Hotel-Badewanne gefunden. Sein Nachfolger Engholm, inzwischen SPD-Bundesvorsitzender und Kanzlerkandidat, musste 1993 zurücktreten, als herauskam, dass sein Sozialminister dem angeblich verarmten Pfeiffer 50 000 Mark zugesteckt hatte. Die letzte Wahrheit hat der bereits am 12. August gestorbene Pfeiffer, der schmächtige Mann mit der nuscheligen Stimme und der Vorliebe für groß karierte Anzüge, nun mit ins Urnengrab genommen.

Der Autor beobachtete als SZ-Korrespondent die "Barschel-Affäre".

© SZ vom 24.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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