Nachfolge von Johannes Rau:Merkel unterstützt offenbar Wolfgang Schäuble

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Nachdem die SPD zuletzt Rita Süssmuth als mögliche Kandidatin für das höchste Staatsamt genannt hat, hat sich die CDU-Chefin indirekt für ihren Vorgänger als Rau-Nachfolger aus.

Von Kurt Kister

(SZ vom 15.09.2003) - Die Debatte über die Nachfolge von Bundespräsident Johannes Rau ist auch am Wochenende durch zahlreiche Äußerungen bekannter und weniger bekannter Politiker weiter geführt worden. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, sie sei es leid, "von diesen ständigen Vorhaltungen gegenüber Wolfgang Schäuble zu hören".

Schäuble habe für "die Dinge, die vorgefallen sind" wirklich genug gebüßt. Merkel bezog sich damit auf das Verhalten Schäubles während der CDU-Spendenaffäre, dessentwegen Schäuble Anfang 2000 als CDU-Vorsitzender zurückgetreten war. Weil Schäuble derzeit als aussichtsreicher Unions-Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten gilt, werden Merkels Einlassungen in Berlin als Unterstützung für eine Kandidatur Schäubles gewertet.

Kohl will Schäuble nicht blockieren

Der Spiegel wiederum meldete, dass Vertraute des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl verlauten ließen, Kohl wolle nichts gegen eine Kandidatur Schäubles unternehmen. Es sei "völliger Blödsinn", habe Kohl gesagt, dass er eine Kampagne gegen Schäuble führe. Das Zitat klingt authentisch, weil es der üblichen Wortwahl Kohls entspricht.

Kohl und Schäuble sind auch als Folge der Spendenaffäre tief zerstritten; in kleineren Runden haben sich beide über den jeweils anderen immer wieder zynisch und bitter ausgelassen. Offiziell allerdings existiert dieser Konflikt nicht oder nicht mehr. Schäuble sagte dem Tagesspiegel, er sei mit Kohl nicht verfeindet und sei es auch nie gewesen.

Diverse Stellungnahmen auf Medienanfragen gab es auch von anderen Unionspolitikern, die als mögliche Kandidaten gehandelt werden oder sich selbst handeln. In letztere Kategorie fällt die jetzige thüringische Wissenschaftsministerin Dagmar Schipanski, die von der Union 1999 als Gegenkandidatin zu Rau aufgestellt worden war.

Stoiber dürfte sofort, aber will nicht

Schipanski sagte, die Debatte über Raus Nachfolge sei zu früh und verfehlt, wollte eine eigene Kandidatur aber nicht ausschließen. Der Chef des UN-Umweltprogramms, Klaus Töpfer, ließ an seinem Dienstort Nairobi wissen, er freue sich, dass er in Deutschland als möglicher Kandidat gelte.

Der ehemalige CDU-Umweltminister Töpfer wird in Unionskreisen immer wieder genannt, obwohl seine Aufstellung durch die Parteispitze derzeit als eher unwahrscheinlich gilt. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber wiederum sagte erneut, er habe "keinerlei Ambitionen auf das Amt des Bundespräsidenten". Stoiber ist auf dem Unions-Kandidatenkarussell der einzige, der bisher nicht will, aber sofort dürfte, wenn er denn wollte.

Für anhaltenden Ärger in der Union sorgt die Tatsache, dass Politiker der Grünen und der SPD, darunter auch Spitzenvertreter der Regierungskoalition, eine Kandidatur Rita Süssmuths ins Gespräch gebracht haben. Die Ex-Ministerin und Bundestagspräsidentin a.D. hat ein CDU-Parteibuch und erzürnte ihre Partei nachhaltig, weil sie als Vorsitzende der von Kanzler Schröder berufenen Kommission zur Regelung der Zuwanderung fungierte.

Merkel nennt Gedankenspiele um Süssmuth "perfide"

Merkel hatte die rot-grünen Gedankenspiele um Süssmuth als "perfide" bezeichnet. Peter Altmaier, Mitglied des Fraktionsvorstandes von CDU/CSU im Bundestag, sagte, eine Benennung Süssmuths durch die SPD käme einem "Tricksen bei der Präsidentenwahl" gleich.

Wer so "einen Spaltpilz in die Union zu treiben" versuche, der müsse damit rechnen, dass dies negative Auswirkungen auf die Zusammenarbeit bei den großen Reformen habe.

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