Nach Zwischenfällen:Ermittler durchsuchen AKW Krümmel

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Staatsanwälte lassen sich die Informationspolitik von Vattenfall nicht mehr länger gefallen: Nach den Zwischenfällen im Atomkraftwerk Krümmel hat die Polizei jetzt den Leitstand und Büroräume des Meilers östlich von Hamburg durchsucht.

Die Aktion fand vor dem Hintergrund des Trafo-Brandes am 28. Juni statt. Damals war Rauch in den Leitstand gelangt, der Reaktorfahrer musste Atemschutz anlegen. "Es ist daher nicht auszuschließen, dass er Anzeichen einer Rauchvergiftung wie Reizungen der Schleimhäute, Atemnot oder Ähnliches erlitten hat", sagte der Sprecher der Lübecker Staatsanwaltschaft, Klaus-Dieter Schultz. Dies könne den Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung erfüllen. Betreiber Vattenfall hatte der Behörde die Personalien des Mannes verweigert.

Die Grünen im Kieler Landtag forderten erstmals den Rücktritt der schleswig-holsteinischen Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD), die für die Atomaufsicht zuständig ist. Krümmel war nach dem Brand automatisch vom Netz gegangen und steht seither still. Die Ermittler wollten den möglicherweise verletzten Reaktorfahrer als Zeugen vernehmen, sagte Schultz. Daher habe man beim Amtsgericht den Durchsuchungsbeschluss erreicht. "Ob der Brand und damit eine mögliche Gesundheitsbeeinträchtigung auf menschlichem Verschulden beruht, müssen die weiteren Ermittlungen, insbesondere die Begutachtung durch Sachverständige des Landeskriminalamts ergeben."

"Nicht akzeptabel"

Schleswig-Holsteins Justizminister Uwe Döring (SPD) unterstützte das Vorgehen der Lübecker Staatsanwaltschaft. Er habe kein Verständnis für das Verhalten des Atomkraftwerksbetreibers, sagte Döring. "Trotz der Zusage, die Öffentlichkeit umfassend und umgehend zu informieren, verweigert Vattenfall der Staatsanwaltschaft die Einsicht in die Dienstpläne." Auf diese Art die Arbeit der Staatsanwaltschaft zu behindern, sei "nicht akzeptabel". Im Landtag fügte er hinzu: "Ich bin fassungslos über so ein Verhalten."

Wegen der Zwischenfälle im Atomkraftwerk Krümmel erstatten zudem Umweltschützer Strafanzeige gegen Vattenfall. Aus Sicht des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) besteht der Anfangsverdacht des "Unerlaubten Betreibens einer kerntechnischen Anlage" (Paragraf 327 StGB), sagte die schleswig-holsteinische BUND-Vorsitzende Sybille Macht-Baumgarten. Sie begründete den Vorwurf mit dem Verlauf der Pannen am 28. Juni in dem Meiler.

"Es hätte nicht zur automatischen Schnellabschaltung kommen dürfen." Dies deute auf nicht genehmigte Änderungen an Technik oder Abläufen. Die Anzeige sollte noch am Freitag bei der Staatsanwaltschaft Itzehoe eingehen.

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