Nach Zusammenschluss von WASG und Linkspartei:Lafontaine will die neue Linke führen

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Gute Nachrichten für die Linke: Zum einen wird der frühere SPD-Chef Lafontaine für den Parteivorsitz kandidieren. Zum anderen erfreut sich die Partei einer Umfage zufolge immer größerer Beliebtheit.

"Die Ergebnisse der Urabstimmungen bei WASG und Linkspartei bestärken mich darin, entsprechend dem Vorschlag des WASG-Vorstandes gemeinsam mit Lothar Bisky für den Parteivorsitz zu kandidieren", sagte Lafontaine am Sonntag der dpa in Berlin.

Die neue Linke werde das politische Koordinatensystem in Deutschland verändern. "Ihre erste und wichtigste Aufgabe ist es, für mehr soziale Gerechtigkeit zu kämpfen und klare Signale zum Stopp des Sozialabbaus zu setzen", sagte Lafontaine.

Er ist seit 2005 neben Gregor Gysi auch Vorsitzender der bereits bestehenden gemeinsamen Bundestagsfraktion von Linkspartei und Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG). Die beiden Parteien wollen am 16. Juni fusionieren und die Parteispitze wählen.

Für eine Übergangszeit soll es eine Doppelspitze haben. Von der Linkspartei wird deren Vorsitzender Lothar Bisky kandidieren. Lafontaine selbst hat sich noch nicht zu einer Kandidatur geäußert.

Der WASG-Bundesvorstand hatte den 63-Jährigen zuvor einmütig aufgefordert, für den Vorsitz zu kandidieren. "Er ist unser Mann", sagte Vorstandsmitglied Christine Buchholz.

"Lafontaine ist der Garant dafür, dass die neue Linke konsequent gegen Sozialabbau und Krieg steht." Bei Urabstimmungen hatten sich die Mitglieder beider Parteien deutlich für die Fusion ausgesprochen.

Gleichzeitig sieht Lafontaine sieht eine Annäherung von SPD und Grüne an die Linkspartei. Der Bild am Sonntag sagte, die SPD trete auf einmal für einen gesetzlichen Mindestlohn ein und die Grünen hätten erkannt, dass die Arbeitsmarktreform "Hartz IV" ein Fehler gewesen sei. "Und immer mehr Abgeordnete von SPD und Grünen lehnen die Auslandseinsätze der Bundeswehr ab".

Er fügt hinzu: "Die Mehrheit der SPD-Mitglieder will eine Politik, wie sie die Linke formuliert."

Nach dem Wahlerfolg in Bremen äußerte Lafontaine die Erwartung, dass die Linkspartei bei den Landtagswahlen im nächsten Jahr ebenfalls den Einzug in die Parlamente schafft. "In Hamburg haben wir gute Chancen. Ähnliches gilt für Niedersachsen und Hessen", sagte er.

Dem widersprach Vizekanzler und Bundesarbeitsminister Franz Müntefering. Er erteilte einer Zusammenarbeit der SPD mit der Linkspartei im Bund erneut eine Absage. An dieser Haltung habe sich auch nichts geändert nach dem jüngsten Erfolg der Linken bei den Wahlen zur Bremer Bürgerschaft, sagte Müntefering am Sonntag im Interview der Woche des Deutschlandfunks:

"Diese Partei ist auf der Bundesebene nicht handlungsfähig, außenpolitisch nicht und auch, was die Gesamtverantwortung für das Land angeht, nicht", meinte der Vizekanzler.

Müntefering warf der Linkspartei außerdem vor, sie habe die Internationalisierung der Politik, die Globalisierung, nicht vernünftig aufgenommen. "Dahinter steht immer noch die Idee, man kann seine eigene Seele und das eigene Wohl im Lande retten mit Methoden der 70er, 80er Jahre", sagte er.

Er sehe aus inhaltlichen Gründen keine Möglichkeit, auf Bundesebene mit der Linkspartei zusammenzuarbeiten. "Das ist eine Art von Linkssein, die nicht zukunftsträchtig ist, sondern das ist eine nostalgische Veranstaltung, die im Wesentlichen auf rückwärts gerichtet ist", sagte Müntefering.

"Aber ich muss registrieren, dass sie gewisse Zustimmung haben, in Ostdeutschland, im Lande insgesamt, aber ob das in anderen Ländern in Westdeutschland auch so sein wird, wird man sehen. Wir dürfen uns nicht beirren lassen, sondern müssen werben für einen Kurs der Vernunft und nicht für einen, der auf Opposition gerichtet ist", erklärte der frühere SPD-Vorsitzende.

Links wählen wird laut Umfragen immer beliebter

Eine Emnid-Umfrage im Auftrag der Bild am Sonntag ergab, dass es bundesweit einen Linkstrend gibt. So gebe es eine rechnerische Mehrheit für ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis. Danach erreichen SPD (30 Prozent), Grüne und Linkspartei (jeweils 11 Prozent) derzeit zusammen 52 Prozent - einen Punkt mehr als bei der letzten Bundestagswahl. Die Union liegt bei 34 Prozent, die FDP bei 11 Prozent.

Auch in den einzelnen Bundesländern gibt es laut einer Umfrage immer mehr Wähler, die die Linke wählen würden.

Im Saarland beispielsweise, dem Partei-Heimatland von Oskar Lafontaine, kommt die Linke auf 13 Prozent. Die SPD liegt bei 26 Prozent gegenüber 30,8 Prozent 2004. Die Grünen erreichen acht Prozent (2004: 5,6 Prozent). Die allein regierende CDU von Ministerpräsident Peter Müller rutscht um 7,5 Punkte auf 40 Prozent ab. Die FDP steigert sich auf acht Prozent.

Noch ernster ist die Lage des bisher CDU-regierten Thüringens. Die Partei von Ministerpräsident Dieter Althaus verliert laut der Zeitung rund 11 Prozentpunkte und liegt bei 32 Prozent. Die Linkspartei könnte mit 27 Prozent zusammen mit der SPD mit 23 Prozent ein Regierungsbündnis bilden. Bei den Wahlen 2004 hatte die PDS 26,1 Prozent, die SPD 14,5 Prozent erreicht. Grüne und FDP waren 2004 an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert und liegen laut Emnid aktuell bei jeweils sechs Prozent.

Bei der Landtagswahl in Hessen im kommenden Januar muss sich Ministerpräsident Roland Koch auf starke Konkurrenz einstellen. Emid sieht die CDU bei 40 Prozent, 8,8 Punkte hinter dem Resultat von 2003. Die SPD erreicht derzeit 32 Prozent (plus 2,9 Prozent), die Grünen elf Prozent (plus 0,9 Prozent). Die Linkspartei schafft auf Anhieb vier Prozent. Die FDP kommt auf neun Prozent, das bedeutet 1,1 Prozentpunkte mehr als 2003.

Emnid-Chef Klaus-Peter Schöppner sagte der Zeitung: "Die Bürger fürchten, dass der Wirtschaftsaufschwung nicht in ihren Taschen ankommt, sondern vor allem den Konzernen nutzt. Das führt zu Frustration und verstärkt die Neigung, den etablierten Parteien den Rücken zu kehren und Parteien mit Protestpotential zu wählen. Das Verlangen nach sozialer Gerechtigkeit ist groß, linke Argumente erfahren erheblichen Zuspruch." (sueddeutsche.de/dpa)

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