Nach vereitelten Terroranschlägen:Regierung: Muslime sollen beim Anti-Terror-Kampf helfen

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Innenminister Schäuble und Justizministerin Zypries haben die muslimischen Verbände aufgefordert, mit den Sicherheitsbehörden zusammenzuarbeiten. Sie sollen potenzielle Extremisten und Gewalttäter melden. Zypries möchte zudem den Kauf von Chemikalien, die zum Bau von Bomben benutzt werden können, erschweren.

Die Bundesregierung will die islamischen Verbände und Gemeinden im Kampf gegen den Terror stärker in die Pflicht nehmen. Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) riefen die Muslime am Wochenende dazu auf, potenzielle Extremisten und Gewalttäter den Sicherheitsbehörden zu melden.

Die Anzeige von schweren Verbrechensplanungen sei schon heute gesetzlich festgeschriebene Bürgerpflicht, sagte Schäuble der Welt am Sonntag. "Und ich erwarte von jedem Bürger, auch von Mitgliedern in den Islamverbänden, dass sie zu Personen, die erkennbar in radikale Milieus abgleiten, den Sicherheitsbehörden einen Hinweis geben."

Ähnlich äußerte sich Zypries: "Ich bin sicher, dass die friedliebenden Muslime in unserem Land nicht wollen, dass ihre Glaubensgemeinschaft durch radikalisierte Gewalttäter in Misskredit gebracht wird", sagte die Justizministerin der Bild am Sonntag.

Zudem will Zypries künftig durchgreifen, wenn es um den Kauf von Chemikalien für den Bau von Bomben geht. Im Deutschland sagte sie: "Die Tatsache, dass die Chemikalie, um die es bei den drei jetzt gefassten Tätern ging, frei im Handel erhältlich ist, ohne dass der Name registriert wird beim Kauf, halte ich nicht für sonderlich glücklich."

Sie prüfe derzeit die Frage, um Umweltminister Sigmar Gabriel dazu einen Vorschlag zu machen. Die drei vergangene Woche im Sauerland festgenommen Islamisten werden verdächtigt, Anschläge mit selbst gebauten Bomben geplant zu haben.

Als Grundlage diente Wasserstoffperoxid, das in Verbindung mit anderen Substanzen zu hochexplosivem TATP wird. Sämtliche Stoffe für das Gemisch sind im Handel frei erhältlich.

Skeptisch zeigte sich Zypries erneut zu der von den Innenministern von Bund und Ländern befürworteten Strafbarkeit des Besuchs sogenannter Terrorcamps. "In Deutschland ist es üblich, dass man nur dann für etwas bestraft wird, wenn man auch tatsächlich etwas gemacht hat oder wenn man wenigstens Vorbereitungshandlungen getroffen hat." Aus diesen müsse erkennbar sein, "da will jemand etwas machen", sagte Zypries.

Beckstein: Blockadehaltung der SPD

Zypries kritisierte erneut die hitzige Debatte über Online-Durchsuchungen: "An und für sich gibt es zwischen dem Bundesinnenminister (Wolfgang Schäuble) und mir eine Absprache, dass eine Arbeitsgruppe aus beiden Häusern die technischen und rechtlichen Voraussetzungen der Online-Durchsuchung klären soll." Für sie hätte daher keine Notwendigkeit bestanden, öffentlich darüber zu diskutieren.

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) hat die SPD dagegen wegen ihrer Verweigerungshaltung bei Online-Durchsuchungen scharf angegriffen. "Die Parteipolitik hat obsiegt. Das Ganze ist an Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner gescheitet", sagte Beckstein der Welt am Sonntag.

Stegner habe das Projekt auf der Innenministerkonferenz am Freitag in Berlin verhindert, obwohl die Diskussion darüber mit den anderen Ministerkollegen gut gewesen sei, sagte Beckstein. Er halte einen schnellen Beschluss für Online-Durchsuchungen dringend für nötig, um mit Terroristen technisch Schritt zu halten.

Unterdessen hat Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) die Regierung zur Besonnenheit in der Debatte um neue Anti-Terror-Gesetze aufgerufen. "Der jüngste große Erfolg bei der Terrorabwehr zeigt doch, wie gut wir mit dem geltenden Recht und den Möglichkeiten, die es bietet, aufgestellt sind", sagte er der Bild am Sonntag. Er empfehle Besonnenheit und eine sehr sorgfältige Prüfung neuer Ideen.

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