Nach Urteil des Supreme Court:Hunderte Guantanamo-Häftlinge wollen gegen US-Regierung klagen

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Über zwei Jahre lebten sie im rechtsfreien Raum. Jetzt entschied der Oberste Gerichtshof, dass die Gefangenen von Guantanamo gegen ihre Festnahme und ihre Haftbedingungen vor US-Gerichten klagen können. Eine Niederlage für die Bush-Regierung, die sich bereits kommende Woche auf eine Klagewelle einstellen muss.

"Wir werden hunderte Klagen einreichen", erklärte der katarische Anwalt Nadschib al Nauimi, der früher auch Justizminister seines Landes war. Er gehört einer Gruppe von Anwälten an, die nach eigenen Angaben 300 Inhaftierte vertritt. Al Nauimi will persönlich 90 Personen aus verschiedenen Ländern vor Gericht vertreten. Die ersten Klagen auf Freilassung sollen bereits in der kommenden Woche bei einem Gericht in Washington eingereicht werden.

Nach dem Urteil sind aber auch noch einige Fragen offen. So ist unklar, wie das US-Militär mit den Anfragen der Anwälte nach Besuchen bei den Häftlingen umgehen wird. "Wir werden tun, was wir tun sollen", sagte ein Sprecher auf Guantanamo, Oberstleutnant Leon Sumpter. "Wir werden sicher Richtlinien bekommen." Bislang durften nur vier Inhaftierte einen Anwalt sehen, nur drei der fast 600 Häftlinge aus 42 Ländern wurden angeklagt.

Die US-Regierung hatte bislang die Auffassung vertreten, dass sie ausländische Kämpfer in einem nicht in den USA gelegenen Gefängnis unbeschränkt und ohne Zuständigkeit von US-Gerichten festhalten kann. Das Gericht beendete nun die seit zweieinhalb Jahren gängige Praxis. Gemäß dem Urteil vom Montag können die Guantanamo-Häftlinge nun vor US-Bundesgerichten klagen, obwohl sie auf dem Marinestützpunkt Guantanamo auf Kuba jenseits der amerikanischen Staatsgrenzen festgehalten werden.

"Kriegszustand ist kein Blankoscheck"

Anwälte der ausländischen Häftlinge hatten geltend gemacht, ohne Kontrolle amerikanischer Gerichte sei das Militärlager ein rechtliches Niemandsland. Da das kubanische Recht auf dem Marinestützpunkt nicht gelte, müsse es US-Recht sein.

In einem zweiten Urteil kamen die Richter zwar zu dem Ergebnis, die Regierung sei durch den Kongress ermächtigt, einen Verdächtigen ohne Anklage oder Prozess festzuhalten. Dabei ging es um den US-Bürger Yaser Esam Hamdi, der saudiarabische Eltern hat. Hamdi und seine Schicksalsgenossen hätten jedoch das Recht, gegen ihre Inhaftierung rechtlich vorzugehen.

Durch die Ermächtigung des Kongresses sei das Grundrecht auf eine Anhörung vor Gericht nicht aufgehoben, sagte Richterin Sandra Day O'Connor. "Das Gericht hat deutlich gemacht, dass ein Kriegszustand kein Blankocheck ist, wenn es um die Rechte der amerikanischen Staatsbürger geht."

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