Nach Freilassung der Archäologin im Irak:"Wir gehen davon aus, dass Frau Osthoff Opfer der Entführung war"

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Susanne Osthoff sagt, ihre Entführer hätten ihr Teile des Lösegeldes gegeben, um sie "nicht mittellos" gehen zu lassen. Das Bundeskriminalamt bezeichnet den Fall als "etwas dubios", widerspricht aber Spekulationen, Osthoff habe mit den Geiselnehmern gemeinsame Geschäfte gemacht. Von Hans Leyendecker

Bei der im Irak entführten Deutschen Susanne Osthoff wurden nach ihrer Freilassung US-Dollarscheine aus dem Lösegeld gefunden. Deutsche Sicherheitsbehörden bestätigten der Süddeutschen Zeitung am Sonntag, die Archäologin habe das Geld in einem Beutel mitgeführt. Es soll sich um etwa 3000 US-Dollar gehandelt haben.

Das Geld soll bei einer Überprüfung ihrer Habseligkeiten entdeckt worden sein. Als Osthoff nach der Geiselhaft in der Deutschen Botschaft in Bagdad duschte, entdeckten die Beamten in dem Beutel das mit Gummibändern zusammengebundene Geld.

Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) stellten bei einem Vergleich der Seriennummern fest, dass es sich um Scheine des Lösegeldes handelte, das die Bundesregierung bereitgestellt hatte.

Kein Ermittlungsverfahren

Angeblich sollen vor der Freilassung zwei BND-Beamte etwa fünf Millionen US-Dollar nach Bagdad gebracht haben.

Die Nummern des Geldes waren vorher, wie in solchen Fällen üblich, registriert worden. Ob mit einem Teil des Geldes auch andere Kosten der Befreiungsaktion bezahlt wurden oder ob die Geiselnehmer das gesamte Geld erhielten, ist unklar. Von der Bundesregierung gibt es weder eine Bestätigung noch ein Dementi für eine Lösegeldzahlung.

Am Wochenende kursierende Mutmaßungen, Osthoff habe möglicherweise mit den Geiselnehmern gemeinsame Geschäfte gemacht, wurden von Sicherheitsbeamten dementiert: "Für diese Spekulation haben wir keinerlei Beleg", erklärte ein Beamter.

Das wegen der Entführung vom Karlsruher Generalbundesanwalt eingeleitete und von BKA-Spezialisten betriebene Ermittlungsverfahren werde weiterhin gegen Unbekannt geführt.

Nette Entführer

"Wir gehen derzeit zumindest fest davon aus, dass Frau Osthoff das Opfer der Entführung war", sagte ein Sicherheitsbeamter. Auch gebe es "keinen Grund, gegen Frau Osthoff beispielsweise ein Ermittlungsverfahren wegen Vortäuschen einer Straftat" einzuleiten.

Osthoff wurde nach dem Fund der Dollarscheine von BKA-Beamten nach der Herkunft des Geldes befragt. Sie soll erklärt haben, die Entführer hätten ihr vor der Freilassung das Geld übergeben und gesagt, sie wollten sie "nicht mittellos" gehen lassen. Auch habe sie Geld zurückverlangt.

Zwei Tage vor ihrer Entführung, am 23. November 2005, hatte Frau Osthoff, wie sie Reportern des Magazins Stern berichtete, in der deutschen Botschaft 32668 Dollar abgeholt. Es handelte sich um deutsches Fördergeld für eine Karawanserei in Mossul.

In die falsche Kasse gegriffen

Die verbliebenen 2668 Dollar, mit denen sie Handwerkerrechnungen hätte bezahlen wollen, sollen die Kidnapper bei der Entführung gefunden und eingesteckt haben.

"Vielleicht wollten sie dann vor Freilassung aus der Gefangenschaft dieses Geld zurückgeben und haben nur in die falsche Kasse gegriffen", sagte der Sicherheitsbeamte. "Die haben dann das Lösegeld genommen."

Allerdings seien einige wichtige Umstände der Entführung noch unklar. Die Ermittlungen seien "insgesamt sehr schwierig" und manches sei "vielleicht auch dubios".

© SZ vom 23.1.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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