Nach drei Monaten Streik:Länder und Ärzte einigen sich im Tarifstreit

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Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund hat bei der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) einen eigenen Tarifvertrag für etwa 22.000 Mediziner erkämpft. Doch die Klinikärzte müssen einige "schwere Kröten" schlucken.

Nina Bovensiepen

Mit der Einigung werden die Arbeitsniederlegungen der Mediziner voraussichtlich bald zu Ende gehen. Am Dienstag soll die Tarifkommission der Gewerkschaft über den Vertrag abstimmen, danach müssen die Ärzte in einer Urabstimmung das Ende der Streiks beschließen.

Der seit dem 16. März währende Arbeitskampf hat die Kliniken weit mehr als 100 Millionen Euro gekostet. Montgomery betonte jedoch, es werde noch "ein hartes Stück Arbeit", die Basis vom Kompromiss zu überzeugen.

Die beiden Verhandlungsführer, Montgomery sowie Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) für die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), zeigten sich nach der langen Auseinandersetzung über die Beilegung des Streits erleichtert.

"Nicht im Befehlston"

Die Verhandlungen waren in eisiger Atmosphäre verlaufen. Noch am Morgen hatte Möllring dem Gewerkschaftsvorsitzenden vorgeworfen, dass dieser die Gespräche "zum Crash kommen lassen" wolle. Der Marburger Bund teilte mit, dass er sich von Möllring nicht "im Befehlston" behandeln lasse.

Die jetzt erzielte Lösung geht im wesentlichen auf eine Einigung zurück, die Möllring und Montgomery am vergangenen Wochenende in einem vertraulichen Gespräch ausgehandelt hatten. Der Finanzminister betonte, diesen Kompromiss hätte der Marburger Bund auch schon früher haben können.

Für Berufsanfänger bringe der Vertrag 15 bis 17 Prozent mehr Gehalt, für einen Oberarzt 20 Prozent, erläuterte Montgomery, der sich mit der Forderung nach einem Zuschlag von weiteren 100 Euro für Berufsanfänger nicht durchsetzen konnte.

Auch hätten sich die Ärzte das von den Ländern gestrichene Weihnachts- und Urlaubsgeld zurückgeholt. Für Bereitschaftsdienste sollen die Mediziner an Feiertagen 25 Prozent Aufschlag erhalten, außerdem zahlen die Arbeitgeber drei Fortbildungstage pro Jahr. Der Vertrag soll bereits vom 1. Juli an gelten.

Montgomery: "Historischer Abschluss"

Montgomery sagte, der schnelle Laufzeitbeginn bedeute für viele Mediziner schon in diesem Jahr deutliche Verbesserungen. Er gestand aber ein, dass die Gewerkschaft bei weitem nicht alle Ziele erreicht habe, mit denen sie in den Tarifkonflikt gestartet war.

Er bedauerte etwa, dass man keine Anpassung der Bezüge in den ostdeutschen Bundesländern erreicht habe. Die Zugeständnisse seien aber nötig gewesen, um den "historischen Abschluss" nicht zu gefährden.

Möllring hatte in den vergangenen Wochen versucht, die Ärzte zur Annahme eines kürzlich ausgehandelten Tarifvertrages mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zu bringen.

Der Marburger Bund war aber erst im vergangenen Jahr aus der Zusammenarbeit mit Verdi ausgeschert. Für Montgomery war es daher wichtig, einen eigenen Tarifvertrag durchzusetzen.

Am Dienstag verhandelt der Marburger Bund mit den kommunalen Arbeitgebern. Auch in diesem Tarifkonflikt, der 70.000 Ärzte betrifft, wurde ein Streik erwogen. Die Arbeitgeber betonten am Freitag, die Länder-Lösung sei kein Vorbild für ihre Häuser.

© SZ vom 17.6.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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