Nach der Wahl in Palästina:Politiker streiten über Reaktionen auf Hamas-Wahlsieg

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In Deutschland hat eine Debatte über die Fortführung der Finanzhilfen für die Palästinenser begonnen. SPD und Union drohen mit einer Einstellung der Zahlungen, Grüne und Linke warnen vor diesem Schritt. Das so genannte Nahostquartett aus UN, USA, EU und Russland rief zum Gewaltverzicht im Nahostkonflikt auf.

Der SPD-Außenpolitiker Gert Weisskirchen sagte am Freitag, entweder die Hamas schwöre der Gewalt ab und erkenne das Existenzrecht Israels an, "oder wir werden uns überlegen, die Finanzquellen zum Versiegen zu bringen". Ähnlich äußerte sich der außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Eckart von Klaeden (CDU).

Die Hamas-Führung: Chaled Maschaal (li.), tritt für eine harte Haltung gegen Israel ein. Mahmud Sahar (m.), Mitbegründer der Organisation. Ismail Hanijeh (re.), Spitzenkandidat bei der Wahl vom Mittwoch, gilt als relativ gemäßigter Politiker. (Foto: Foto: AFP)

Der FDP-Europapolitiker Markus Löning stellte die EU-Hilfe für die palästinensische Autonomiebehörde in Frage. Politiker von Grünen und Linksfraktion warnten jedoch vor einem solchen Schritt.

Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin sagte, die Wähler hätten sich aus wirtschaftlichen und sozialen Motiven heraus für die Hamas entschieden, "nicht so sehr wegen der radikalen Rhetorik gegenüber Israel".

"Sanktionen wären ein Widerspruch zur bisherigen Politik"

Er fügte hinzu: "Jetzt muss sich die Hamas überlegen, ob sie das tun will, wofür sie gewählt wurde."

Auch die Grünen im EU-Parlament warnten, den Palästinensern zugesagte Hilfen zu verwehren. "Die EU sollte den positiven Dialog einfordern statt mit dem Entzug von Hilfe zu drohen", sagte deren Außenexpertin Angelika Beer.

Der Außenpolitikexperte der Linksfraktion im Bundestag, Norman Paech, warnte, "jede Drohung mit Sanktionen wäre ein fundamentaler Widerspruch zu einer Politik, die seit Jahren die Demokratisierung Palästinas gefordert hat". Er fügte hinzu, wenn die EU den Wahlsieg der Hamas mit der Einstellung der Finanzhilfen beantworte, werde sie selbst unglaubwürdig.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will trotz des Wahlsiegs der radikal-islamischen Hamas an ihrer Nahost-Reise festhalten. Den Plänen zufolge fliegt sie am Sonntag nach Israel und besucht am Montag auch die Palästinensergebiete.

"Offene und faire Wahl"

Auf dem Programm steht ein Treffen mit Präsident Mahmud Abbas. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte: "Wir können uns unterschiedliche Kräfte in der Regierung vorstellen." Voraussetzung sei allerdings, dass Hamas der Gewalt abschwöre und das Existenzrecht Israels anerkenne.

Hamas mit Regierungsbildung beauftragt

Die palästinensische Wahlkommission bestätigte am Donnerstagabend nach Auszählung von etwa 95 Prozent der abgegebenen Stimmen, dass Hamas die absolute Mehrheit im Parlament erzielte. Demnach erhält die Hamas 76 der 132 Mandate.

Tiefe Sorge um Friedensprozess

Palästinenserpräsident Abbas kündigte an, er wolle die Hamas, die zum ersten Mal bei einer Parlamentswahl angetreten war, mit der Regierungsbildung beauftragen. Zuvor hatte der palästinensische Regierungschef Ahmed

Der Wahlsieg der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas-Bewegung in den Palästinensergebieten hat in vielen Teilen der Welt tiefe Sorge um die Fortsetzung des Nahostfriedensprozesses ausgelöst.

Die Hamas hatte bei den palästinensischen Parlamentswahlen am Mittwoch nach Angaben der Wahlkommission von Donnerstag die absolute Mehrheit gewonnen. Die bisher regierende Fatah erlitt eine Niederlage.

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