Nach der Bremen-Wahl:Nahles rät zu Rot-Grün, Lafontaine frohlockt

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Nach deutlichen Verlusten in Bremen beraten SPD und CDU über die Konsequenzen. Die Grünen erheben Anspruch auf einen Platz in der Regierung, die Linke jubelt über ihren "Durchbruch im Westen".

Nach der Bremer Bürgerschaftswahl steht die Analyse des Ergebnisses auf der Tagesordnung der Bundesparteien.

Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach gibt das Abschneiden von CDU und SPD in Bremen zu denken. In der Neuen Presse aus Hannover sagte der CDU-Politiker, beide Volksparteien müssten sich "mächtig anstrengen".

Der linke Flügel der Sozialdemokraten sprach sich nach dem Wahlerfolg der Grünen für ernsthafte Sondierungsgespräche mit dem früheren Koalitionspartner auf Bundesebene aus. In der ARD erklärte Andrea Nahles: "Ich würde mich freuen, wenn wir auf Bundesebene mehrere Optionen haben. Insoweit ist es durchaus wünschenswert, dass jetzt sehr ernsthaft mit den Grünen Sondierungsgespräche geführt werden."

Dagegen vermied es SPD-Generalsekretär Hubertus Heil, für die anstehenden Koalitionsverhandlungen mit CDU und Grünen eine Präferenz anklingen zu lassen. Die SPD müsse darauf achten, das, was an sozialen Sorgen da sei, aufzunehmen und auch zu beantworten, sagte er im RBB.

Grüne erheben Anspruch auf Regierungsbeteiligung

Die Grünen unterstreichen derweil nach ihrem Rekordergebnis ihren Anspruch auf Regierungsbeteiligung in der Hansestadt. Nach zwölf Jahren sei deutlich geworden, dass die große Koalition für Bremen keine Perspektive mehr darstelle, sagten die Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth und Reinhard Bütikofer am Montag in Fernsehinterviews.

"Deswegen erwarte ich, dass die SPD diese Umklammerung löst und wirklich offen in die Gespräche reingeht", sagte Roth auf N24. Sie kündigte ein selbstbewusstes Verhandeln der Grünen an. "Wir werden natürlich unsere Forderungen stellen. Wir sagen ja nicht: Bitte, bitte, nehmt uns mit." Bütikofer sagte bei n-tv, die große Koalition biete für Bremen keine Perspektive mehr. Seine Partei gehe "sehr selbstbewusst jetzt in die Sondierungsgespräche".

"Kein Wetterleuchten bei der Linken"

Dagegen ist das gute Ergebnis der Linkspartei nach Ansicht von SPD-Generalsekretär Heil kein Vorzeichen für künftige Wahlen. Von einem "Wetterleuchten" der Linkspartei für andere Flächenländer oder Stadtstaaten könne keine Rede sein.

Die SPD sei die linke Volkspartei in Deutschland und mehrheitsfähig, fügte Heil hinzu. Allerdings werde sich die SPD stärker mit der Linkspartei auseinandersetzen müssen.

Das sehen die Ikonen der Linkspartei anders: Fraktionschef Oskar Lafontaine sagte der Sächsischen Zeitung: "Das Ergebnis in Bremen ist für die Linke der Durchbruch im Westen". Lafontaine geht nach eigenem Bekunden davon aus, dass der Erfolg nicht einmalig ist. "Die Parteienlandschaft wird sich dauerhaft verändern."

"SPD reagiert beleidigt"

Sein Parteifreund Gregor Gysi sagte der Leipziger Volkszeitung, dass die Linkspartei die erste Adresse für das sogenannte abgehängte Prekariat in Deutschland sei. Gysi übte heftige Kritik an der Strategiefähigkeit des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck, der sich strikt gegen Koalitionsgespräche mit der Linkspartei ausgesprochen hat.

"Die SPD kommt doch mit sich selber nicht zurecht. Das ist das Problem von Böhrnsen und Beck. Sie kommen nicht damit zurecht, dass plötzlich eine Partei links von ihr existiert und gewählt wird. Und nun reagieren sie wie immer, wenn Leute die Wahrheiten nicht zur Kenntnis nehmen: beleidigt."

Die Wähler hatten am Sonntag den Großen Koalitionen in Bremen und Berlin einen Denkzettel verpasst und den Grünen und der Linkspartei historische Erfolge verschafft. Das seit zwölf Jahren bestehende Bündnis von SPD und CDU in Bremen erlitt bei der Bürgerschaftswahl starke Verluste.

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis erreichte die SPD 36,8 Prozent der Stimmen, das ist ein Minus von 5,5 Prozentpunkten. Die CDU kam auf 25,6 Prozent, 4,1 Prozentpunkte weniger als 2003.

© sueddeutsche.de/AP/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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