Nach dem Führungswechsel bei der SPD:FDP sieht hohe Hürden für sozial-liberales Bündnis

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Vize-Parteichef Andreas Pinkwart lobt den SPD-Vorsitzenden Beck, hält dessen Partei aber für "nicht hinreichend zukunftsfähig".

Peter Blechschmidt und Nico Fried

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Andreas Pinkwart hat eine programmatische Neuausrichtung der SPD als Vorbedingung einer etwaigen neuen sozial-liberalen Zusammenarbeit genannt.

Kurt Beck (r.): "Es lohnt, an Koalitions-Alternativen zu arbeiten." (Foto: Foto: Reuters)

Nachdem der designierte SPD-Vorsitzende Kurt Beck dafür plädiert hatte, neben der großen Koalition auch die Möglichkeit anderer Bündnisse auszuloten, sagte Pinkwart der Süddeutschen Zeitung, er traue Beck da eine Menge zu.

Andererseits stehe Beck vor einer "Herkulesaufgabe". "Bei allen Reformthemen zeigt sich die SPD bislang nicht hinreichend zukunftsfähig", kritisierte Pinkwart.

Beck hatte gesagt, die SPD müsse sich stärker neuen Wählerschichten zuwenden. Dazu gehörten Ingenieure, Ärzte oder Anwälte - Berufsgruppen, in denen traditionell die FDP stark verankert ist. Derzeit gebe es zwar nicht "besonders viele Schnittmengen zwischen Sozialdemokratie und FDP".

Pinkwart: Zusammenarbeit allenfalls als mittelfristige Perspektive

Trotzdem lohne es, "an Koalitions-Alternativen zu arbeiten". Beck hatte bis zum 26. März, als er die absolute Mehrheit der Mandate im rheinland-pfälzischen Landtag errang, an der Spitze einer SPD/FDP-Koalition in Mainz gestanden.

Pinkwart sagte, er sehe eine neue sozial-liberale Zusammenarbeit im Bund allenfalls als mittelfristige Perspektive. Er gehe davon aus, dass die große Koalition in Berlin bis 2009 halten werde. Bis dahin müsse man sehen, ob es Beck gelinge, der SPD auf den Reformfeldern Arbeitsmarkt, Steuern, soziale Sicherungssysteme oder Forschung eine neue Orientierung zu geben.

Ansätze dazu sehe er in dem Papier, das der zurückgetretene SPD-Chef Matthias Platzeck noch Anfang der Woche veröffentlicht hatte. Wenn er andererseits die NRW-SPD betrachte, die nach dem Verlust der Regierungsmacht besonders rückwärts gewandt auftrete, habe er Zweifel. "Insofern wird das ein sehr langer Weg werden, die SPD sozusagen durch ein zweites Godesberg wieder in eine eigene Regierungsfähigkeit hineinzuführen", sagte Pinkwart, der auch Innovationsminister in Nordrhein-Westfalen ist.

Thierse: Anregung Becks im Prinzip richtig

Tatsächlich hat der nordrhein-westfälische SPD-Landesvorsitzende Jochen Dieckmann skeptisch auf den Vorstoß Becks reagiert. Es sei "jetzt sicher nicht die Zeit, in der man sich neue Gedanken macht. Einer Wiederannäherung an die FDP steht derzeit das Sozialstaatsbild und die bedingungslose Marktorientierung der FDP entgegen", sagte Dieckmann der Kölnischen Rundschau.

Ähnlich hatte die Bundes-SPD im Bundestagswahlkampf argumentiert. Der damalige Parteivorsitzende Franz Müntefering hatte unter anderem FDP-Chef Guido Westerwelle wiederholt vorgeworfen, den Sozialstaat abschaffen und die Gewerkschaften zerschlagen zu wollen.

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) bezeichnete die Anregung Becks hingegen als "im Prinzip" richtig. Beck habe als Ministerpräsident gute Erfahrungen mit einer SPD/FDP-Koalition gemacht. Daher sei es "überhaupt nicht überraschend, dass er dies auch als eine realistische Alternative im Bund sieht", sagte Thierse. Bis 2009 gehe es aber darum, die große Koalition mit der Union zum Erfolg zu führen.

© SZ vom 13.04.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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