Nach dem Anschlag:Erdoğan unterbricht Wahlkampf

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Die AKP sagt bis Freitag alle Kundgebungen ab. Auch die pro-kurdische HDP setzt ihren Wahlkampf zeitweise aus.

Von Mike Szymanski

Nach dem verheerenden Terroranschlag in Ankara mit mindestens 97 Toten und 500 Verletzten am Samstag hat die Regierungspartei AKP von Recep Tayyip Erdoğan alle Wahlkampfveranstaltungen bis Freitag abgesagt. Alle danach angesetzten Treffen sollen dann als Anti-Terror-Kundgebungen stattfinden.

Die pro-kurdische Oppositionspartei HDP, die unter den Opfern des Anschlags zahlreiche Anhänger hatte, erwägt sogar, alle Großveranstaltungen bis zur Wahl am 1. November abzusagen. "Wie können wir in einer so schmerzlichen Atmosphäre Kundgebungen abhalten", sagte HDP-Chef Selahattin Demirtaş bei der Trauerfeier für eines der Opfer des Anschlags in Istanbul. "Das Leben eines Einzigen ist viel wichtiger als unser Wahlerfolg."

Am Montag hatten die türkischen Sicherheitsbehörden zunächst noch keine gesicherten Erkenntnisse über die zwei Attentäter, die sich auf dem Bahnhofsvorplatz inmitten eines Treffpunkts für eine Friedensdemo in die Luft gesprengt hatten. Nach Angaben des türkischen Premierministers Ahmet Davutoğlu stecke aller Wahrscheinlichkeit nach die Extremistengruppe Islamischer Staat (IS) hinter dem Verbrechen. "Wir sind nahe an einem Namen dran, der auf eine Gruppe hinweist." Es würden DNA-Spuren ausgewertet. Die Zeitung Hürriyet berichtete unter Berufung auf Polizeikreise, als besonders gefährlich gelte eine Gruppe von IS-Anhängern aus dem osttürkischen Adıyaman. Zu der Gruppe gehörte auch jener Attentäter, der sich im Juli in der Stadt Suruç an der Grenze zu Syrien in die Luft sprengte und mehr als 30 Menschen tötete. Erneut warfen Hunderte Demonstranten in Istanbul Präsident Erdoğan eine Mitverantwortung für die Anschläge vor. Innenminister Selami Altınok sieht sich mit Rücktrittsforderungen konfrontiert, nachdem er in einer Stellungnahme wenige Stunden nach dem Anschlag keine Fehler bei den Sicherheitsbehörden erkennen wollte.

Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte an, kommenden Sonntag in die Türkei zu reisen, um unter anderem den Kampf gegen den Terror zu erörtern. Der Konflikt zwischen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und türkischer Armee geht trotz einer von kurdischer Seite angebotenen Feuerpause weiter. Die türkische Luftwaffe flog wieder Angriffe gegen PKK-Stellungen.

© SZ vom 13.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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