Nach Chávez' Hitler-Vergleich:Barroso verteidigt Merkel

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Der Chef der EU-Kommission stellt sich hinter die Kanzlerin: Sie sei eine "große Demokratin" und Chávez' Vergleiche wenig hilfreich. Dieser verstaatlicht in Venezuela weitere Firmen.

Nach den jüngsten Attacken des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez gegen Angela Merkel hat sich EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso demonstrativ hinter die Bundeskanzlerin gestellt. Merkel sei eine große Demokratin, sagte Barroso während eines Besuchs in Mexiko. Und mit einem Seitenhieb auf Chávez fügte er hinzu, "aufrührerische, populistische und aggressive" Bemerkungen dienten kaum den Bemühungen, die Zusammenarbeit zwischen Europa und Lateinamerika auszubauen.

Der umstrittene venezolanische Staatschef Hugo Chávez. (Foto: Foto: dpa)

Chávez hatte Merkel unmittelbar vor ihrer einwöchigen Lateinamerika-Reise scharf attackiert und sie in die Nähe von Hitler gerückt. Merkels CDU gehöre zu "derselben Rechten, die Hitler und den Faschismus unterstützt hat", sagte Chávez am Sonntagabend im venezolanischen Fernsehen. Die Kanzlerin hatte ihm zuvor das Recht abgesprochen, die Interessen anderer Staaten Südamerikas zu vertreten. Merkel und Chávez nehmen Ende der Woche beide am EU-Lateinamerika-Gipfel in der peruanischen Hauptstadt Lima teil. Merkel zeigte sich unbeeindruckt von Chávez' abfälligen Bemerkungen. Erste Station auf Merkels längster Auslandsreise seit ihrem Amtsantritt vor zweieinhalb Jahren ist Brasilien. Anschließend geht es weiter nach Peru, Kolumbien und Mexiko.

Stahlproduzent verstaatlicht

Unterdessen hat Chávez im Rahmen seines Verstaatlichungsprogramms jetzt auch den wichtigsten Stahlproduzenten des Landes Ternium-Sidor nationalisiert. Bei der Unterzeichnung des entsprechenden Verstaatlichungsgesetzes sagte Chávez vor Hunderten Arbeitern am Firmenhauptsitz unweit von Puerto Ordaz im südlichen Bundesstaat Bolívar. Der Konzern gehörte bisher zum argentinisch-italienischen Konzern Techint, doch nun sei es sozialistisch und gehöre dem Volk.

Die Eigentümer des Stahlkonzerns sollen nach amtlichen Angaben entschädigt werden. Ob inzwischen in dieser Sache eine Einigung erzielt wurde, ist nicht bekannt. Die Eigentümer hatten vier Milliarden Dollar gefordert. Der Staatschef wollte nur 800 Millionen Dollar (etwa 515 Millionen Euro) zahlen. Das sei der geschätzte Wert des Unternehmens, versicherte die Regierung.

Das Gesetz zur Nationalisierung von Sidor setze einer zehnjährigen neoliberalen Firmenverwaltung ein Ende, sagte Chávez. Das frühere Staatsunternehmen war 1998 privatisiert worden. Der Verstaatlichungsprozess werde am 30. Juni abgeschlossen sein, betonte Chávez. Zum Firmenchef ernannte der Staatschef den Minister für Basisindustrie, Rodolfo Sanz.

Mit den Arbeitern wurden laut Chávez Arbeitsverträge zu "den besten Bedingungen in der Geschichte von Sidor und der venezolanischen Arbeiterklasse" unterzeichnet. Die Verstaatlichung war Ende März nach mehr als einjährigem Tarifstreit angekündigt worden.

Chávez hatte in diesem Jahr bereits die Übernahme der Zementindustrie durch den Staat bekanntgegeben. Im vergangenen Jahr waren bereits die Telefongesellschaft CANTV, die Stromfirma Electricidad de Caracas sowie Teile der Schwerölindustrie im Orinoco-Delta verstaatlicht worden.

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