Nach Abstimmungsdebakel:Hamburger SPD-Vorstand tritt zurück

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Nach der manipulierten Mitgliederbefragung ist der Hamburger SPD-Vorstand zurückgetreten. Über den künftigen SPD-Bürgermeisterkandidaten wird nun heiß spekuliert.

SPD-Chef Mathias Petersen sagte nach einer rund achtstündigen Krisensitzung am Mittwochmorgen: "Der Landesvorstand übernimmt die politische Verantwortung und tritt geschlossen zurück."

Für den 24. März werde ein Landesparteitag einberufen, auf dem ein Bürgermeisterkandidat nominiert und ein neuer Vorstand gewählt werde. Bis dahin bleibe der alte Vorstand kommissarisch im Amt.

Der als Krisenmanager von Berlin nach Hamburg gereiste SPD-Generalsekretär Hubertus Heil betonte, die Hamburger SPD habe ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis gestellt.

Entschluss ohne Zutun der Bundes-SPD

Bei der Mitgliederbefragung am vergangenen Sonntag waren rund 950 Stimmen spurlos verschwunden. Die SPD-Mitglieder sollten entscheiden, wer gegen CDU-Bürgermeister Ole von Beust antreten soll - Petersen oder seine Stellvertreterin Dorothee Stapelfeldt. Ob einer der beiden sich noch einmal der Wahl stellen wird, wurde nicht beantwortet.

"Ich möchte da niemandem auf die Füße treten, es ist alles schon schlimm genug", sagte der Bundestagsabgeordnete und Kreisvorsitzende der SPD Hamburg-Mitte, Johannes Kahrs. Dem Vorstandsbeschluss zufolge werden Landesvorstand und die Kreisvorsitzenden einen gemeinsamen Vorschlag machen. "Geben Sie uns ein, zwei Tage Zeit", sagte Kahrs.

In SPD-Kreisen kursieren mittlerweile die Namen von Ex-Bürgermeister Henning Voscherau, der zwischen 1988 und 1997 schon einmal einen guten Job machte - und Olaf Scholz. Scholz ist derzeit Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, war kurzzeitig Innensenator der Hansestadt - und lange Vorsitzender des mächtigen Hamburger SPD-Kreises Altona.

Scholz sagte dazu in Berlin, die "Hamburger SPD werde das Problem, das sie hat, lösen". Auf die Frage, ob er oder Voscherau bereit stünden, in Hamburg das Ruder zu übernehmen, antwortete er, die SPD in Hamburg sei auf "diese beiden Namen nicht angewiesen".

SPD-Generalsekretär Heil betonte zunächst einmal, er sei froh, "dass der Landesvorstand in dieser schwierigen Situation in der Krise die Kraft hatte, zu einem einstimmigen Beschluss zu kommen". Der Landesparteitag sei einberufen, es würden politische Konsequenzen gezogen und Verantwortung übernommen. Er betonte, dass die Hamburger SPD ihre Entscheidung aus eigener Kraft und ohne Zutun der Bundes-SPD gefällt habe.

Vor Beginn der Sitzung hatte Heil, der bereits am Montag zu ersten Gesprächen nach Hamburg gekommen war, gesagt, die manipulierte Mitgliederbefragung sei ein erheblicher Vorgang. "Ich kann die Wut, ich kann auch die Empörung der Mitglieder gut verstehen. Ich teile diese Gefühle", sagte er.

Petersen in der Kritik

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Stapelfeldt sagte: "Es war nicht einfach, aber ich möchte betonen, dass ich es für ganz positiv halte, dass wir am Ende einen gemeinsamen Weg für uns gefunden haben, die SPD in Hamburg wieder aus dieser schwierigen Situation herauszuführen." Damit gebe es einen Weg, "um wieder eine Grundlage für politische Glaubwürdigkeit und eine Weiterarbeit im Landesverband herzustellen".

Die SPD Hamburg befindet sich seit Wochen in einer schweren Krise. Bereits vor der Mitgliederbefragung hatte der Vorstand Parteichef Petersen wegen dessen Verhalten mehrheitlich sein Misstrauen ausgesprochen. Er hatte nach Ansicht der Kritiker unter anderem einsame Personalentscheidungen getroffen und Meinungen vertreten, die ihn als SPD-Spitzenkandidat nicht mehr tragbar erscheinen ließen.

Er hatte gefordert, Namen und Daten von Sexualstraftätern im Internet veröffentlichen zu wollen. Auch auf Grund dieser Vorkommnisse hatte dann auch Stapelfeldt ihren Hut in den Ring geworfen.

© lala/tde/AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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