Mythos CIA:Die Verschwörer des Präsidenten

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Verschwörungen, Umstürze, Attentate auf ausländische Politiker: Vor 60 Jahren wurde der berühmt-berüchtigte US-Auslandsgeheimdienst CIA gegründet. Doch durch die jüngsten Fehlschläge ist seine Macht geschwunden.

Johannes Kuhn

In einem kleinen Waldstück wenige Kilometer von der US-Hauptstadt Washington befindet sich ein Gebäudekomplex, in dem Verschwörungs-theoretiker die Machtzentrale der Welt vermuten: Die CIA.

CIA-Hauptquartier in Langley bei Washington: Fehlschläge und ungehörte Ratschläge (Foto: Foto: AP)

Dieser Tage jährt sich zum sechzigsten Mal die Gründung des US-Auslandsgeheimdienstes, einer Organisation, die nicht einmal jedem Bürger der USA geheuer ist. Welches Budget sie hat, wie viele Mitarbeiter eingesetzt werden, welche Aktionen sie durchführt - streng geheim.

Das gestiegene Misstrauen gegenüber der Sowjetunion veranlasst 1947 den damaligen Präsidenten Harry S. Truman, die CIA ins Leben zu rufen. In den Anfangsjahren gleicht die Organisation noch jeder beliebigen Sicherheitsbehörde, doch als die USA 1950 vom Koreakrieg überrascht werden und sich dort kein einziger CIA-Agent befindet, ändert sich die Politik.

Ab 1953 krempelt CIA-Chef Allen Welsh Dulles die Organisation um: Aus einer Behörde wird ein Nachrichtendienst, der auch militärisch aktiv werden kann - und sich dabei nicht um die Souveränität anderer Staaten schert.

Im gleichen Jahr stürzt man in Iran auf Befehl von Präsident Eisenhower den populären, demokratisch gewählten Premierminister Mohammed Mossadegh und installiert eine Militärregierung unter dem Schah. "Eine Generation von Iranern wuchs mit dem Wissen auf, dass die CIA den Schah installiert hatte", schreibt der New York Times-Reporter Tim Weiner in seinem CIA-Buch "Legacy of Ashes", "bald würde das Chaos, dass der Nachrichtendienst auf den Straßen von Teheran angerichtet hatte, auf die USA selbst zurückschlagen."

Die Schweinebucht-Invasion wird zum gigantischen Fehlschlag

Es sind manchmal seltsam anmutende Gründe, welche die CIA aktiv werden lassen. 1954 ist die Organisation maßgeblich am Sturz des linksgerichteten guatemaltekischen Präsidenten Jacobo Arbenz beteiligt: Weil dieser eine Landreform plant, die ein US-Fruchtunternehmen enteignen soll, fürchtet die Behörde eine Kommunisierung des Landes. In den darauffolgenden Jahren stürzt das Land von einer Diktatur in die nächste, der Bürgerkrieg kostet 200.000 Menschen das Leben.

Guatemala ist nicht die letzte Fehleinschätzung der CIA: 1961 will man durch eine Geheimarmee aus Exilanten den kubanischen Staatschef Fidel Castro stürzen. Doch die Spione unterschätzen Castros Beliebtheit, die Invasion in der Schweinebucht scheitert, das weltweite Vertrauen in die US-Regierung sinkt. Fidel Castro bleibt auch später ein Lieblingsziel der CIA, doch mehrere Mordversuche scheitern.

Nach dem Schweinebucht-Fehlschlag entlässt US-Präsident John F. Kennedy CIA-Chef Dulles - von nun an nimmt das Weiße Haus die Fäden in die Hand. "Die CIA ist die geheime Armee des Präsidenten, sie gehört zum Weißen Haus. Und es waren die Präsidenten, die die CIA immer wieder missverstanden und missbraucht haben", glaubt Weiner.

So werden die Ratschläge der CIA zu Vietnam schlicht überhört: Von Beginn an warnt der Nachrichtendienst die US-Regierung, dass der Krieg nicht zu gewinnen sei. Doch die Verfechter der Domino-Theorie - wird ein Land in Südostasien kommunistisch, fallen alle um - behalten die Oberhand und stürzen die USA in ein militärisches Desaster.

In den Siebzigern bringt die CIA in Chile die Militärregierung Augusto Pinochets an die Macht, unter deren Herrschaft von 1973 bis 1990 zahlreiche Menschen ums Leben kommen. Wie veröffentlichte Akten belegen, standen zahlreiche der chilenischen Militärs auf der Gehaltsliste der CIA.

Im Kampf gegen die UdSSR bildet man in Afghanistan fundamentalistische Kämpfer aus - der Grundstein für den späteren Terrorismus ist gelegt.

Iran-Contra und das Ende der Sowjetunion

In den Achtzigern feiert der Nachrichtendienst seinen größten Erfolg, als er das Ende des Kalten Krieges maßgeblich vorantreibt. Weil Präsident Reagan den Kommunismus besiegen will, konzentriert sich die CIA auf den Gegner UdSSR: Sabotageakte, psychologische und wirtschaftliche Kriegsführung und Hackerangriffe auf russische Computer, schreibt Weiner, "zerstörten einen starken sowjetischen Spionageapparat, beschädigten die Sowjetwirtschaft und destablisierten den ganzen Staat".

Gleichzeitig steht die Zukunft der Sicherheitsbehörde im gleichen Jahrzehnt auf der Kippe, denn 1986 macht die Iran-Contra-Affäre Schlagzeilen: Mit Wissen der USA hatten die rechtsgerichteten Contras aus Nicaragua über Jahre mehrere Tonnen Kokain in die USA geschmuggelt.

Die vielen Fehltritte führen immer wieder zu heftigen Spekulationen, wie viel Macht die CIA tatsächlich besitzt. Seit einiger Zeit bemüht sich der Geheimdienst um eine offensivere Informationspolitik und hat Unterlagen über diverse Einsätze in den Siebzigern freigegeben.

In den Akten, die auch als die Kronjuwelen der Behörde bezeichnet werden, ist von unerlaubten Abhörmaßnahmen, der Rekrutierung von Spionen bei politischen Versammlungen und von Verhandlungen mit einem Mafiaboss zu lesen, dem für die Ermordung Fidel Castros 150.000 Dollar geboten wurden.

"Es ist wichtig, zu wissen, dass die Aktivitäten der CIA heute viel regelmäßiger überprüft werden", beschrieb CIA-Sprecher George Little jüngst im Radiosender NPR die neue Informationspolitik, "nicht nur in der CIA selbst, auch durch andere Regierungsbehörden und seit den siebziger Jahren durch den US-Kongress."

Den ständigen Ausschuss, der dort das Recht hat, über länger geplante Operationen informiert zu werden, sehen viele Beobachter in Anbetracht von Enthüllungen wie den geheimen CIA-Gefängnissen in Europa allerdings als Feigenblatt.

Der 11. September hat den Einfluss der Behörde geschwächt

Die CIA hat, so glauben Beobachter, seit dem 11. September stark an Einfluss verloren, weil er die damaligen Informationen zu den geplanten Anschlägen nicht richtig auswertete.

Die Schwächung macht sich nicht zuletzt dadurch bemerkbar, dass der CIA-Direktor nur noch selten direkt mit dem Präsidenten sprechen darf. Seit 2004 sollen alle Geheimdienstinformationen beim übergeordneten Director of National Intelligence zusammenfließen.

Gleichzeitig, so beklagt sich der ehemalige CIA-Chef George Tenet, habe die Bush-Regierung die Lage des Geheimdienstes ausgenutzt und die CIA vor dem Irakkrieg dazu gedrängt, Gründe für den Feldzug gegen Saddam Hussein zu liefern. Im Nachhinein hat US-Präsident Bush immer wieder angedeutet, die CIA habe für die Zeit nach dem Sturz des Diktators falsche Prognosen abgegeben.

Was Buchautor Tim Weiner trotz allen Fehltritte allerdings am heftigsten kritisiert, ist die Mischung aus Bürokratie und Inkompetenz, unter welcher die CIA seiner Meinung nach leide: "Dem mächtigsten Land in der Geschichte der westlichen Zivilisation ist es nicht gelungen, einen erstklassigen Spionageapparat zu schaffen", schreibt er in seinem Buch, "dieses Scheitern bedeutet eine Gefahr für die Sicherheit der Vereinigten Staaten."

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