Murat Kurnaz:Neue Aussagen stützen Foltervorwürfe

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Deutsche KSK-Soldaten stehen im Verdacht, Falschaussagen gemacht zu haben, möglicherweise um zwei ihrer Kameraden vor den Folter-Vorwürfen von Murat Kurnaz zu schützen.

Im Fall des früheren Guantanamo-Häftlings Murat Kurnaz stehen mehrere Elitesoldaten der Bundeswehr nach Spiegel-Informationen im Verdacht, die Unwahrheit gesagt zu haben.

Elitesoldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) bei einer Übung. (Foto: Foto: ddp)

Der in Bremen aufgewachsene Türke Kurnaz wirft zwei deutschen KSK-Soldaten vor, ihn im Jahr 2002 in einem Lager der US-Streitkräfte in Afghanistan hinter einem Lastwagen misshandelt zu haben.

"Dann haben die Beschuldigten ein Problem"

Die Staatsanwaltschaft Tübingen hatte die Ermittlungen vorübergehend eingestellt, weil sie unter anderem die Existenz von Lastern in dem Lager in Kandahar nicht beweisen konnte.

Die 21 von den Ermittlern befragten deutschen Elitesoldaten des KSK hatten fast durchweg angegeben, es habe im Lager keine Lastwagen gegeben.

Dem Spiegel berichteten nun ein früherer Major der US-Streitkräfte, ein Oberstleutnant und ein früherer Übersetzer, die im Januar 2002 in Afghanistan eingesetzt waren, die Fäkalien der Lagerinsassen seien regelmäßig mit einem zweieinhalb Tonnen schweren Militärtruck abgeholt worden.

"Wenn es Zeugen gibt, die sagen, es gab Lastwagen, ist die Aussage von Kurnaz von gestärkter Aussagekraft", sagte dessen Anwalt Bernhard Docke der dpa. "Dann haben die Beschuldigten ein Problem."

Vor allem amerikanische Zeugen, die keine Motivation hätten, Kurnaz zu helfen und dem KSK zu schaden, seien von Gewicht.

Ermittlungen wieder aufgenommen

Die Justiz in Tübingen müsse sich nun um eine Vernehmung der Zeugen und der Untersuchungsausschuss des Bundestages um eine Anhörung der Männer bemühen. "Man bekommt den Eindruck, das die KSK- Zeugen, um Kurnaz unglaubwürdig zu machen und Kameraden zu schützen, sich nicht an die historische Wahrheit gehalten haben", so Docke.

Die Staatsanwaltschaft Tübingen nahm die Ermittlungen im Fall Kurnaz Anfang August überraschend wieder auf, weil sein Anwalt zwei neue Zeugen benannte. Dabei handelt es sich um ehemalige Mitinsassen von Kurnaz aus Großbritannien.

Ende Mai hatte die Anklagebehörde die Ermittlungen gegen die zwei KSK-Soldaten wegen fehlender Aufklärungsmöglichkeiten zunächst eingestellt - "trotz verbleibender Bedenken gegen die Darstellung der Beschuldigten und trotz der grundsätzlichen Glaubwürdigkeit der Darstellung des Murat Kurnaz". Die Tübinger Ermittler sind zuständig, weil die KSK in Calw in Baden-Württemberg stationiert ist.

Kurnaz war im Dezember 2001 bei einer Buskontrolle in Pakistan festgenommen und nach Angaben seines Anwalts zunächst nach Afghanistan gebracht worden. Später wurde er unter Terrorverdacht in das US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba geflogen.

Erst nach einer Intervention von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Washington kehrte der Mann am 24. August 2006 zu seiner Familie nach Deutschland zurück.

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