Mugabe bei der EU:Der kleine Diktator

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Wie gut, dass Robert Mugabe zum EU-Afrika-Gipfel fährt: die Gelegenheit, dem Herrscher aus Simbabwe die Leviten zu lesen.

John Makumbe, Simbabwe

John Makumbe ist Professor für Politikwissenschaft an der "University of Zimbabwe" in Harare. Er gehört der Oppositionsbewegung "Save Zimbabwe" an.

An diesem Wochenende findet in Lissabon das EU-Afrika-Gipfeltreffen statt. Zuvor war es über die Frage, ob man Simbabwes Präsident Robert Mugabe dazu einladen soll oder nicht, zu einer beträchtlichen Kontroverse gekommen. Nun ist Mugabe eingeladen, und es sieht so aus, als werde er das Treffen tatsächlich besuchen. Gordon Brown, der Premierminister von Großbritannien, hat bereits angekündigt, dass er deshalb nicht kommen wird; einige andere haben erklärt, aus Termingründen nicht zu kommen. Die Frage, die sich also stellt, lautet: Wie sollten die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union Robert Mugabe in Lissabon behandeln?

In den vergangenen 27 Jahren hat Mugabe sein Land mit eiserner Faust beherrscht. Als Resultat seiner irrationalen Politik ist Simbabwe die am schnellsten schrumpfende Volkswirtschaft der Erde geworden. Zugleich weist es die weltweit höchste Inflationsrate auf: Um mehr als 15000 Prozent verliert das Geld jährlich an Wert. Und mindestens neun von zehn Menschen leben in Armut. Menschenrechtsverletzungen sind in Mugabes Simbabwe an der Tagesordnung.

Trotzdem: Es wäre nicht klug von Europas Staats- und Regierungschefs, wegen der Anwesenheit Mugabes den Gipfel von Lissabon zu boykottieren. Im Gegenteil, sie sollten daran teilnehmen. Zusammen mit ihren afrikanischen Amtskollegen sollten sie daran arbeiten, Lösungen für die zahllosen Herausforderungen zu finden, denen sich sowohl Europa als auch Afrika gegenübersehen.

Es darf Mugabe nicht erlaubt werden, diese beiden Weltregionen quasi als Geiseln zu halten. Mugabe ist nicht so wichtig, wie er es selber von sich glaubt. Welcher europäische Staatsmann auch immer den Lissabonner Gipfel boykottiert - er schenkt Mugabe damit einen Sieg, den er nicht verdient.

Sicherlich wird Mugabe versuchen, die Gelegenheit zu nutzen und einige europäische Staats- und Regierungschefs beleidigen und provozieren - indem er ihnen vorwirft, in Afrika lediglich den Imperialismus zu verbreiten. Es obliegt den Europäern, auf dieses geschwollene Gerede während des gesamten Gipfels detailliert zu antworten. Die Staats- und Regierungschefs Europas dürfen es dem Diktator auf keinen Fall erlauben, mit unverschämtem und arrogantem Auftreten einfach davonzukommen.

Den Menschen in Simbabwe ist äußerst bewusst, dass es seit sechs Jahren eine tiefe Kluft zwischen dem Mugabe-Regime und Europa gibt. Aus diesem Grund ist ja auch seit dem Jahr 2000 kein europäisch-afrikanischer Gipfel mehr zustande gekommen.

Aber den Menschen in Simbabwe ist auch bewusst, dass die Ergebnisse dieses europäischen Ansatzes, einen Tyrannen zu behandeln, nicht sehr beeindruckend waren. Die Simbabwer sind daher grundsätzlich der Ansicht, dass es für Europa und die demokratische Welt an der Zeit ist, Mugabe wieder zu etwas zu verpflichten - und ihm ins Gesicht zu sagen, was getan werden muss, um die Krise in seinem Land zu beenden.

Mit anderen Worten: Mugabe gehören die Leviten gelesen, wenn er den Gipfel von Lissabon besucht. Wenn dort Dinge wie Demokratie, Menschenrechte und Regierungsführung auf der Tagesordnung stehen, sollte sich die Diskussion auf Länder wie den Tschad, Sudan und Simbabwe fokussieren. Mugabe und seine Handlanger werden natürlich gegen jede Diskussion über die Situation in Simbabwe protestieren. Aber solche Erklärungen sollten vom Gipfel einfach ignoriert werden.

Vielleicht könnte man auch auf die Vertreter einiger afrikanischer Länder einwirken, dass sie sich gegen einige der Praktiken des Mugabe-Regimes aussprechen. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass eines der Mitgliedsländer der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (South African Development Community, SADC) es riskieren könnte, Mugabe auf diese Art herauszufordern. Aber es gibt einige Staaten, die nicht der SADC angehören, und die das Mugabe-Regime auf diplomatischem Weg auffordern könnten, das Richtige zu tun und die Anliegen der Menschen von Simbabwe zu respektieren.

Darüber hinaus könnten die europäischen Staatenlenker ihre Unterstützung für die Vermittlungsbemühungen der SADC ausdrücken, die unter der Federführung Südafrikas erfolgen. Es sollte festgestellt werden, was die internationale Gemeinschaft erwartet:

Goldene Gelegenheit für Afrika und Europa

Dass der Vermittlungsprozess zu positiven Ergebnissen führt, die in eine Lösung der Krise in Simbabwe münden. Dieser Ansatz hätte einen doppelten Nutzen: Damit würde sowohl Druck auf den südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki als auch auf Mugabe selbst ausgeübt, eine substantielle Vereinbarung zwischen Mugabes Partei Zimbabwe African National Union - Patriotic Front (Zanu-PF) und der oppositionellen Bewegung für demokratischen Wandel (Movement for Democratic Change, MDC) zu erreichen.

Darüber hinaus ist es dringend erforderlich, dass der Gipfel von Lissabon die Verbreitung von Informationsmaterial und anderen Dokumenten über die Situation in Simbabwe erleichtert. Es gibt Hinweise, dass verschiedene Bürgerinitiativen aus Simbabwe und der Diaspora mehrere der Treffen besuchen werden, die parallel zum Gipfel in Lissabon stattfinden.

Die europäischen Regierungen sollten Wege und Mittel suchen, die sicherstellen, dass all die Informationen, die diese Bürgerrechtsgruppen verbreiten wollen, die Menschen in Europa auch tatsächlich erreichen. Europas Radio- und Fernsehsender könnten darüber hinaus für die Dauer des Gipfels Blitznachrichten über Simbabwe einrichten. Auch dies würde einen doppelten Zweck erfüllen: Es würde erstens Unterstützung für die progressiven Kräfte in Simbabwe mobilisieren und zweitens Mugabe blamieren, während er das Treffen von Lissabon besucht.

Der europäisch-afrikanische Gipfel in Lissabon bedeutet eine goldene Gelegenheit sowohl für Europa wie für Afrika, die beiderseitige Verpflichtung zu Demokratie und guter Regierungsführung zu bekräftigen. Diese Gelegenheit darf nicht verpasst werden, bloß wegen eines Diktators, der sich um sein eigenes Volk und Land nicht schert. Die Welt dreht sich weiter, und Robert Mugabe wird es nicht gelingen, sie zum Stillstand zu bringen, nur damit er abspringen kann. Stattdessen muss er dargestellt werden als das, was er ist: ein selbstsüchtiger und rassistischer Betrüger, der Wahlen in seinem Land fälscht, um an der Macht zu bleiben.

© SZ vom 07.12.2007/Übersetzung: D. Esslinger/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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