Mügeln:Bürgermeister im Abseits

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Mügelns Bürgermeister Deuse tritt derzeit von einem Fettnäpfchen ins andere. Auch seine Partei, die FDP distanziert sich von ihm, will ihn aber nicht ausschließen.

Peter Blechschmidt

FDP-Chef Guido Westerwelle betont gern die Verankerung seiner Partei in den Kommunen, wie sie sich in Gestalt etlicher tausend Gemeinderäte und Bürgermeister manifestiere. Zur Zeit bereitet ein bisher erfolgreicher Kommunalpolitiker der Berliner Parteizentrale erhebliche Kopfschmerzen.

Mügeln: Bürgermeister Deuse im Abseits (Foto: Foto: AP)

Gotthard Deuse, 59, seit 1990 Bürgermeister der sächsischen 5000-Seelen-Gemeinde Mügeln, hat mit seinen verunglückten Versuchen, die fremdenfeindlichen Ausschreitungen beim Sommerfest seiner Stadt in der Nacht zum 19.August zu relativieren, bundesweit Kopfschütteln bis hin zu Rücktrittsforderungen ausgelöst. Westerwelles Pech: Deuse ist FDP-Mitglied.

Deuses letzter Tritt ins Fettnäpfchen war ein Interview mit der Wochenzeitung Junge Freiheit, das am Donnerstag auf den Markt kam. Darin bekräftigte er, Mügeln werde zu Unrecht als rechtsextremes Städtchen dargestellt. Er attackierte seine Kritiker und bekannte Stolz darauf, ein Deutscher zu sein. Dass die Junge Freiheit ein stark rechtslastiges Blatt ist, will Deuse nicht gewusst haben.

"Ich würde einer solchen Zeitung kein Interview geben und rate auch dazu, es nicht zu tun", ging Westerwelle am Freitag im TV-Sender N24 auf Distanz. Andererseits finde er es richtig, dass ein Bürgermeister seine Stadt vor Generalverdächtigungen in Schutz nehmen wolle. Später sagte Westerwelle der Neuen Osnabrücker Zeitung, Deuse habe unmissverständlich klargestellt, dass es über die Vorgänge in Mügeln nichts zu verharmlosen gebe. "Das war notwendig, und das begrüße ich."

Im Übrigen wiederholte Westerwelle wie zuvor schon Generalsekretär Dirk Niebel die klare Absage an jede Form des politischen Extremismus. Viel mehr könne man nicht tun, um einen aus dem Ruder laufenden Kommunalpolitiker wieder auf Kurs zu bringen, zumal nicht in einer liberalen Partei, die nicht zentralistisch organisiert sei, heißt es im Berliner Thomas-Dehler-Haus.

Thema im Präsidium am Montag

Angebote sowohl aus Berlin wie aus der Landespartei, sich bei weiteren Medienauftritten beraten zu lassen, nahm Deuse angeblich nur sehr sporadisch wahr. Für ein Parteiausschlussverfahren reichen die Äußerungen Deuses nach Meinung des Präsidiumsmitglieds Sabine Leutheusser-Schnarrenberger jedenfalls nicht aus. Gleichwohl will sie den Fall am Montag im Präsidium zur Sprache bringen

Die Leipziger Staatsanwaltschaft, die wegen der Ausschreitungen ermittelt, teilte am Freitag mit, eine "Hetzjagd" auf Ausländer durch mehrere Straßen habe es nicht gegeben. Auch gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Attacke geplant war oder einen organisierten rechtsextremen Hintergrund hatte.

Wegen Volksverhetzung und Körperverletzung werde jedoch gegen zwölf Männer im Alter zwischen 17 und 35 Jahren aus Mügeln und Umgebung ermittelt.

Keiner von ihnen ist laut Staatsanwaltschaft bislang wegen rechtsextremer Straftaten verurteilt worden. Den Ausschreitungen ging den Ermittlern zufolge eine Rangelei einzelner deutscher und indischer Besucher auf der Tanzfläche des Festzelts voran.

Die Inder hätten daraufhin das Zelt wie gewünscht verlassen. Warum sie anschließend verfolgt und noch massiv bedroht wurden, nachdem sie sich in eine dem Festzelt gegenüber liegende Pizzeria geflüchtet hatten, sei noch nicht abschließend geklärt.

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