Mordfall Litwinenko:Putin wirft Briten "Dummheit" vor

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Der russische Präsident hat die britischen Ermittler scharf angegriffen. Ihre Forderung nach einer Auslieferung des Russen Lugowoi sei reine PR.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Ermittler Großbritanniens im Mordfall Litwinenko angegriffen. Wenn die Führung der britischen Rechtsschutzorgane nicht wisse, dass die russische Verfassung die Auslieferung eigener Staatsbürger verbiete, sei sie "fehl am Platz", sagte Putin in einem vom Kreml veröffentlichten Interview.

Die Russen wollen den Verdächtigen im Fall Litwinenko, den russischen Staatsbürger Andrej Lugowoi, nicht ausliefern (Foto: Foto: dpa)

Großbritannien verdächtigt den russischen Geschäftsmann und früheren Geheimdienstagenten Andrej Lugowoi als Giftmörder Litwinenkos und hatte seine Auslieferung gefordert. "Von welcher Seite aus man das Problem auch betrachtet - es ist nur einzige Dummerheit", sagte Putin in dem Gespräch mit Journalisten aus den G8-Staaten.

Russland sieht in der Forderung der Briten eine politische Provokation. Seit Monaten belastet der Mordfall die britisch-russischen Beziehungen. Die Russen gehen davon aus, dass den britischen Behörden das Auslieferungsverbot bekannt war. "Das bedeutet, dass es sich einfach um einen PR-wirksamen politischen Schritt handelte", sagte Putin in dem Interview.

Zugleich kritisierte der Präsident die britischen Sicherheitsorgane als verantwortungslos. Sie ließen es zu, dass sich in Großbritannien "Hochstapler, Gauner und Terroristen" niederlassen könnten, die die Gesundheit und Sicherheit der Einwohner gefährdeten.

Der russische Staatschef wirft der britischen Regierung vor, dem tschetschenischen Rebellenführer Achmed Sakajew und dem Großindustriellen Boris Beresowski durch politisches Asyl Schutz vor der Strafverfolgung in Russland zu gewähren. Beide Männer werden in Russland gesucht.

Russland ermittelt selbst

In einem Interview mit der italienischen Tageszeitung Corriere della Sera hatte Putin zuvor gesagt, dass die vorliegenden Beweise im Fall des Giftmordes an dem Ex-KGB-Spion Alexander Litwinenko nicht ausreichend seien. Zudem gebe es in Russland eigene Ermittlungen gegen Lugowoi in dem Fall. "Wenn wir Beweise finden, werden wir gerichtliche Schritte gegen ihn einleiten."

Litwinenko war im November 2006 in einem Londoner Hotel mit dem Strahlengift Polonium 210 vergiftet worden. Danach waren Spuren des gefährlichen Stoffs bei rund 120 Menschen in London festgestellt worden.

Lugowoi und der Geschäftsmann Dimitri Kowtun hatten den Putin-Gegner Litwinenko zuvor in einem Londoner Hotel getroffen. Er erkrankte noch am selben Tag und starb drei Wochen später an einer Vergiftung mit der radioaktiven Substanz Polonium 210.

Anschuldigungen Lugowois, Litwinenko sei als Doppelagent für Großbritannien tätig gewesen, wies die Witwe des Verstorbenen am Wochenende zurück. Solche Vorwürfe seien lediglich der Versuch, sich selbst zu schützen. "Ich habe meinen Ehemann täglich gesehen und er war kein Doppelagent", sagte Marina Litwinenko.

Lugowoi sei der Mörder ihres Mannes. Noch von seinem Sterbebett aus hatte Litwinenko die russische Regierung beschuldigt, sie habe seine Ermordung befohlen. Russland wies dies zurück.

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