Mordanschlag in Potsdam:Noch keine Spur von den Tätern - Opfer auf Intensivstation

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Der 37-jährige Ingenieur äthiopischer Herkunft schwebt noch immer in Lebensgefahr. Der Mann war an einer Haltestelle von Rechtsradikalen verprügelt worden und hat ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten. Das Verbrechen ist dokumentiert - auf der Handy-Mailbox der Ehefrau des Opfers

Der Überfall auf den gebürtigen Äthiopier mit deutschem Pass hatte nach Angaben der Polizei ein fremdenfeindliches Motiv. Die Ermittlungen gingen aber in alle Richtungen. Für Hinweise auf die Täter ist eine Belohnung von 5000 Euro ausgesetzt.

Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sprach von einer "neuen Qualität" der Gewalt in der rechtsextremen Szene. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) verurteilte die Tat ebenfalls scharf.

Die behandelnden Ärzte wollen im Laufe des Vormittags nähere Informationen über den Zustand des Verletzten geben. Am Montag demonstrierten in Potsdam etwa 350 Menschen gegen rechtsextremistische Gewalt.

Beschimpfungen auf Mailbox aufgezeichnet

Der Überfall ereignete sich gegen 4 Uhr morgens am Ostersonntag an einer menschenleeren Straßenbahnhaltestelle in der Nähe des Bahnhofs Charlottenhof. Der Mann war zuvor mit seiner Ehefrau zusammen gewesen und wollte noch einen Freund besuchen.

Da der Ingenieur kurz vor der Attacke seine Frau auf dem Handy angerufen hatte und die Mailbox aktiviert war, konnte ein Teil des Gesprächs der Täter aufgezeichnet werden. Sie hatten den Überfallenen als "dreckigen Nigger" bezeichnet. Einer der beiden könnte auch eine Frau gewesen sein.

Dies ergibt sich aus Aussagen des bisher einzigen Zeugen, eines Taxifahrers. Dieser hatte den 37-Jährigen zunächst beim Vorüberfahren an der Haltestelle stehen gesehen und auf der Rückfahrt den Überfall bemerkt. Er verfolgte zwei flüchtende Personen, doch nach etwa 250 Metern gab er die Verfolgung aber auf.

Nach seiner Beschreibung war eine der beiden 1,70 bis 1,80 Meter groß, dunkel gekleidet und mit einer Kurzhaarfrisur, die andere etwa zehn Zentimeter größer, von kräftiger Statur, extrem kurzhaarig, möglicherweise mit Glatze, und mit einer schwarzen Bomberjacke bekleidet.

Das Opfer arbeitete als Ingenieur für Wasserbau. Er ist mit einer Potsdamerin verheiratet und hat zwei Kinder.

Die Polizei richtete eine Sonderkommission "Charlottenhof" mit zwölf Beamten ein und bat die Bevölkerung um ihre Mithilfe. Die zunächst noch recht undeutliche Aufzeichnung mit den Stimmen der Täter werde versucht, soweit technisch zu bearbeiten, dass sie besser zu erkennen seien.

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