Montagsdemos:Kanzler auf Kontaktsuche

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Gerhard Schröder fordert von den Demonstranten Dialogbereitschaft: Sie sollten das Gespräch nicht mit Trillerpfeifen blockieren. Denn er hofft, sie doch noch von Hartz IV überzeugen zu können.

Die Demonstranten müssten das Ziel verfolgen, miteinander ins Gespräch zu kommen, und nicht, das Gespräch mit Trillerpfeifen zu verweigern, sagte er im RBB. Er glaube aber, die heftigen Proteste mit Aufklärung noch überwinden zu können.

In zahlreichen Städten besonders Ostdeutschlands werden an diesem Montag erneut Zehntausende zu den Montagsdemonstrationen gegen die Arbeitsmarktreform Hartz IV erwartet. In Leipzig soll der frühere SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine sprechen.

"Mehr verdienen als manche Krankenschwester"

Der Kanzler verteidigte auch die im Zuge der Reform geplanten Ein-Euro-Jobs gegen Kritik. Er wies darauf hin, dass der Lohn zusätzlich zum Arbeitslosengeld II gezahlt werde. So könne mancher mit der Hilfeleistung und dem Zuverdienst auf 800 bis 1000 Euro netto kommen. Das sei mehr, als manche Krankenschwester verdiene.

Zugleich forderte Schröder von der Wirtschaft verstärkte Anstrengungen für die Schaffung von Jobs auf dem ersten Arbeitsmarkt. Dies sei nicht nur eine Aufgabe der Politik allein, sondern der ganzen Gesellschaft. "Wir brauchen mehr Engagement der Wirtschaft, besonders im Osten", sagte Schröder.

Zur Berliner Demonstration erwarten die Veranstalter 30.000 Teilnehmer. In Sachsen-Anhalt wollen Menschen in mindestens 15 Städten protestieren. Auch in Nordrhein-Westfalen sind in weit über 40 Orten Kundgebungen und Demonstrationszüge angemeldet. Am vergangenen Montag waren es bundesweit mindestens 70.000 Demonstranten, die Veranstalter sprachen von bis zu 150.000.

Kommunen gegen "Panikmache" wegen Hartz IV

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, hat sich gegen "unsachliche Panikmache" im Zusammenhang mit der Arbeitsmarktreform Hartz IV gewandt.

In der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte Landsberg, viele Langzeitarbeitslose wendeten sich mit ihrer Beteiligung an Montagsdemonstrationen gegen ihre eigenen Interessen.

Er verwies auf den Rechtsanspruch von Jugendlichen auf eine Beschäftigung oder Lehrstelle sowie auf bessere Leistungen für Langzeitarbeitslose. Die Kommunen schätzen nach Angaben von Landsberg, dass im Zusammenhang mit Hartz IV über 100.000 neue Stellen entstehen könnten. Dazu würden auch kommunale Strukturen genutzt.

Allein in Berlin erwarte man gut 50.000 zusätzliche Arbeitsmöglichkeiten. "Wir gehen deshalb davon aus, dass die Proteste spätestens dann schnell abebben werden, wenn das Arbeitslosengeld II erstmals auf dem Konto eingeht und vielen Langzeitarbeitslosen eine Beschäftigung angeboten werden kann," sagte Landsberg.

Benneter: SPD weiter auf Reformkurs

Die SPD steuert nach den Worten von Generalsekretär Klaus Uwe Benneter weiter auf Reformkurs. "Wir haben keine Reformpause eingelegt, im Gegenteil", sagte Benneter im ZDF. Die SPD habe ihr Konzept für eine Bürgerversicherung vorgelegt, und wolle dies nun diskutieren. Zudem werde die Partei beim Thema Hartz IV weiter eine "offensive Diskussion" führen und klar machen, dass es bei der Arbeitsmarktreform darum gehe, Langzeitarbeitslose, auch Ältere, wieder in den Arbeitsprozess zu bringen.

Zum heutigen Auftritt des früheren SPD-Vorsitzenden Oskar Lafontaine bei einer Montagsdemonstration in Leipzig sagte Benneter, die SPD werde Lafontaine nicht zum Märtyrer machen, sondern genau zuhören, was er sagen werde. Dies wolle man mit früheren Aussagen vergleichen und Widersprüche aufdecken.

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