Mögliche große Koalition:Stoiber zieht es in die Regierung

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Sollten sich SPD und Union auf ein stabiles Regierungsbündnis einigen, will der CSU-Chef in Berlin Verantwortung übernehmen. Sachsens Ministerpräsident Milbradt dementierte Gerüchte, Stoiber wolle an Merkels Stelle Kanzler werden.

In einem Interview mit der Bild-Zeitung nannte Edmund Stoiber, die für ihn vordringlichsten Aufgaben einer großen Koalition. Dazu zählen für Stoiber ein harter Sparkurs und die Neuordnung der Bund-Länder-Beziehungen. "Eine große Koalition muss die großen Probleme rasch anpacken. Sonst hätte sie keine Legitimation", sagte er der Bild-Zeitung.

Es gehe um die Frage, wann und mit welchen Maßnahmen der Euro-Stabilitätspakt wieder eingehalten werde. Ausgaben und Einnahmen müssten wieder besser zusammenpassen. Die Föderalismus-Reform sei die "Mutter aller Reformen" und müsse als erstes angegangen werden. Deutschland müsse schneller entscheiden können. Deshalb müssten die neuen Bund-Länder-Beziehungen "rasch unter Dach und Fach", sagte der CSU-Vorsitzende.

Gleichzeitig zeigte sich der CSU-Chef bereit, in ein Kabinett einzutreten. "Erst einmal müssen sich Union und SPD auf eine stabile Regierung mit einem vernünftigen Programm verständigen. Dann kann ich mir auch vorstellen, in diesem Kabinett Verantwortung zu übernehmen", sagte Stoiber wörtlich.

Schäuble bleibt skeptisch

"Ich habe immer gesagt, dass ich mich der Verantwortung stellen werde, wenn die Konstellation danach ist", wurde der bayerische Ministerpräsident zitiert. Stoiber drängte auf eine rasche Regierungsbildung. "Wegen Schröders vorgezogener Neuwahlen" sei die deutsche Politik seit vier Monaten nicht mehr handlungsfähig, sagte er demnach. Im Interesse des Landes müsse dieser Zustand noch im Oktober beendet werden.

Die Kanzler-Frage ist für Stoiber dabei geklärt: "CDU und CSU bilden die stärkste Fraktion. Also stellen wir mit Angela Merkel die Kanzlerin."

Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) entgegnete Spekulationen, die Unions erwägen einen internen Tausch der Kanzlerschaft von Merkel zu Stoiber. "Das ist nicht denkbar", sagte Milbradt der Illustrierten Super Illu. Die Union stehe hinter ihrer Kandidatin Angela Merkel, die nach Milbradts Ansicht noch im Oktober neue Chefin des Kanzleramtes wird: "Ich gehe davon aus, dass Frau Merkel als Bundeskanzlerin an den Feierlichkeiten zur Weihe der Frauenkirche am 30. Oktober in Dresden teilnehmen wird."

Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) erteilte einer Aufteilung der Kanzlerschaft eine Absage. "Das ist ein Trick von Schröder, um seinen Ausstieg aus der Politik über 18 Monate vorzubereiten", sagte Althaus dem Mannheimer Morgen.

Auch Unions-Fraktionsvize Wolfgang Schäuble lehnte die so genannte israelische Lösung, also die Teilung der Amtsperiode in zwei Perioden für Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Merkel ab. Schäuble zeigte sich auch skeptisch, was eine Koalitions-Zusammenarbeit mit der SPD betrifft: "Ob das mit der SPD jetzt und in der möglichen Regierung so einfach wird, wage ich zu bezweifeln", sagte er im Sender n-tv. Ein Bündnis seiner Partei mit FDP und Grünen sei weiterhin eine Alternative.

Dagegen sieht CSU-Sozialpolitiker Horst Seehofer zwischen Union und SPD große Einigungschancen bei den Sozialsystemen. "Ich gehe davon aus, dass es bei dem Komplex Sozialversicherungen möglich sein wird, ohne größere Probleme mit der SPD vernünftige und wirksame Lösungen hinzubekommen", sagte Seehofer der Berliner Zeitung. Eine Finanzierungsreform bei Gesundheit und Pflege hält der CSU-Politiker nicht für zwingend.

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