Mittelmeer:Punktsieg für Erdoğan

Im Streit um Bohrrechte gibt Athen erst einmal nach.

Von Tomas Avenarius

Fällt im Zeitalter von Kampfdrohne und Cyber-Krieg das etwas aus der Zeit gefallene Wort vom Säbelrasseln, ist es mit einem Urteil verbunden: Derjenige, der mit seinem stählernen Seitengehänge lärmt, verfolgt seine Ziele mit unlauteren Methoden. Das stimmt. Ebenso stimmt allerdings, dass der Säbelrassler meistens Erfolg hat, wenn er laut genug droht.

Ein Beispiel ist die Türkei. Im Streit über die Frage, wer im östlichen Mittelmeer welche Förderrechte für Gas und andere Rohstoffe auf dem Meeresgrund beanspruchen darf, hat Ankara sich fürs Erste durchgesetzt. Weil Präsident Recep Tayyip Erdoğan militärische Risiken nicht scheut, sind sich die Fregatten der Türken und Griechen vor einem griechischen Eiland gefährlich nahe gekommen. Die Bundeskanzlerin konnte wohl gerade noch zwischen den Nachbarn und Nato-Partnern vermitteln, aber offenbar im allerletzten Moment.

Ankara hat seine provokanten Bohraktivitäten jetzt vertagt. Nun soll geredet werden. Das aber heißt, dass Athen seinen beinhart vertretenen Rechtsstandpunkt aufgibt und wohl bereit ist, über die Hoheitsrechte rund um seine 3000 Inseln und Inselchen zu verhandeln. Was für den Säbelrassler Erdoğan, der auf Teilhabe an den Rohstoffen beharrt, ein unbestreitbarer Erfolg ist.

© SZ vom 30.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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