Mitgliederschwund in der CDU:Bunt, weiblich, konservativ

Lesezeit: 2 min

Die CDU will gezielt Junge, Frauen und Migranten umwerben. Die neuen Mitglieder sollen sich künftig nicht mehr nur im Ortsverein, sondern auch auf einer Online-Plattform engagieren.

Von Anne Kostrzewa, Berlin

Für die CDU ist es ein Jubiläumsjahr, sie wurde im Juni vor siebzig Jahren gegründet. Ihren runden Geburtstag nehmen die Christdemokraten zum Anlass, ihre Partei zumindest ein bisschen neu zu erfinden und sich mit einer Reform für die Bundestagswahl in zwei Jahren fit zu machen. "Meine CDU 2017" heißt der Beschluss des Bundesvorstands, den Generalsekretär Peter Tauber am Montag vorstellte. Darin stecken ein Jahr Kommissionsarbeit unter seiner Leitung und eine klare Botschaft: Jünger soll die Partei werden, weiblicher, bunter, familienfreundlicher - und digitaler. Kurzum: Die CDU will weg vom Image des alten weißen Mannes, das ihr seit Jahren anhängt. Und sie will dem konstanten Rückgang der Mitgliederzahlen Herr werden, mit Hilfe von Frauen, Migranten, der Jugend.

Über das Internet-Portal CDUPlus soll direkte Mitarbeit einfacher werden

"Momentan geht es uns gut, aber wir müssen auch an die Zukunft denken", sagt Tauber: "Als Volkspartei wollen wir den Querschnitt der Bevölkerung abbilden." Das gelingt der CDU derzeit nicht so recht. Gerade mal jedes vierte Parteimitglied ist eine Frau, der Altersdurchschnitt der Mitglieder liegt bei 59 Jahren.

Als Etappenziel hat sich die Partei in ihrem Reformpapier das Ziel gesetzt, den Frauenanteil bis 2020 auf mehr als 30 Prozent zu heben. Auch die Vereinbarkeit von Parteiarbeit und Familie spielt da eine Rolle. Deshalb will die CDU ihren Mitgliedern "mehr Möglichkeiten für temporäres, projektorientiertes Engagement bieten". Auf Einladungen zu Gremiensitzungen wird künftig das geplante Sitzungsende stehen, damit Eltern besser planen können. Jüngere Mitglieder "ohne nennenswertes Einkommen" sollen bis zum 25. Geburtstag im ersten Jahr keinen Beitrag bezahlen müssen und so von einer Mitgliedschaft überzeugt werden. Außerdem sollen Junge durch mehr "digitale Partizipation" angesprochen werden. Dazu sieht der Reformbeschluss unter anderem vor, dass die Bundesfachausschüsse "regelmäßig Teile ihrer Beratungen onlinegestützt mitgliederöffentlich führen". Zudem will die Partei in allen wichtigen sozialen Netzwerken aktiv und ansprechbar sein. Auch eine App für Mitglieder sei denkbar, sagt Tauber. So spare man sich "das Hin und Her mit Passwörtern" und könne noch leichter auf die digitalen CDU-Dienste zugreifen.

Auch die Parteichefin setzt auf bunt: Angela Merkel besitzt Blazer in allen Farben des Regenbogens. (Foto: REUTERS)

Die Digital-Strategie geht aber noch weiter: Über das Online-Portal CDUplus sollen sich Mitglieder untereinander verlinken und ihre Expertise zu bestimmten Themen anbieten können. Und wer sich online für eine Mitgliedschaft anmeldet, soll eine "unmittelbare elektronische Antwort" bekommen und gleich seine Interessen angeben. So will die CDU Mitglieder direkt auf mögliche Beteiligungsmöglichkeiten aufmerksam machen.

Überhaupt soll die direkte Beteiligung der Mitglieder künftig an Bedeutung gewinnen. Anfang September ist ein offener Mitgliederkongress unter dem Schlagwort #CDUdigital geplant, auf dem Blogger und Youtuber sprechen sollen. Bis 2017 will die Partei zudem die Rechte einfacher Mitglieder ausbauen. Auf Kreisparteitagen sollen dann alle Mitglieder mitentscheiden können, nicht mehr nur gewählte Delegierte. Künftig können auf höheren Ebenen auch direkt und ohne Billigung eines Parteigremiums Anträge eingebracht werden, wenn zuvor ein bestimmtes Quorum von Mitgliedern erfüllt ist. Für Bezirksparteitage soll das Quorum "höchstens 200, für Landesparteitage 300 und für den Bundesparteitag 500 Mitglieder" betragen.

Um auch Migranten anzusprechen, ist "mehrsprachiges Material" geplant. Inhaltlich müsse sich wenig ändern, sagt Tauber. Generell unterschieden sich die Fragen von Menschen mit Migrationshintergrund nämlich kaum von jenen der Deutschen. Dennoch besteht bei der CDU Nachholbedarf: "Unsere Partei muss lernen, auf diese Menschen zuzugehen."

Was die CDU sich die einzelnen Punkte kosten lassen wird, lässt Tauber offen: "Da werden wir Prioritäten setzen müssen." Die Reform soll auf dem Bundesparteitag im Dezember verabschiedet werden.

© SZ vom 18.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: