Missbrauchs-Skandale:Benedikt knöpft sich US-Bischöfe vor

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Papst Benedikt XVI. hat die Kirche in den USA aufgerufen, die tiefen Wunden der Pädophilie-Skandale zu heilen. Der Pontifex kritisierte das schlechte Krisenmanagement der US-Kirche und verurteilte zu Tätern gewordene Priester.

Die Kirche müsse sich "mit Mitgefühl und Fürsorge" um die Jugendlichen kümmern, die in der Vergangenheit zu Opfern des Missbrauchs durch Priester geworden sind. In einem Treffen mit rund 400 amerikanischen Bischöfen am Mittwoch im Marien-Wallfahrtsort in Washington rief der Papst zugleich gegen Pornografie und Gewalt in den Medien auf.

Papst Benedikt XVI. während seiner Ansprache vor dem amerikanischen Bischöfen (Foto: Foto: AP)

Mit Blick auf die teilweise jahrelange Vertuschung der Sex-Skandale warf Benedikt der US-Kirche am Mittwoch vor, sie sei mit den Skandalen "teilweise sehr schlecht umgegangen".

Zugleich rief er dazu auf, "die Sünde des Missbrauchs in den breiteren Kontext sexueller Sitten" zu stellen. "Wie kann man vom Schutz des Kindes sprechen, wenn Pornographie und Gewalt über die weitverbreiteten Medien in so vielen Haushalten gesehen werden", sagte der Pontifex maximus, der am Dienstag in den USA eingetroffen war. Stattdessen sollten jene Werte aufgewertet werden, "die die Gesellschaft stärken", sagte Benedikt XVI.

Der Papst verurteilte Priester, die Kinder sexuell missbrauchen, als "ernsthaft unmoralisch". Er warnte aber auch, dass die Geißel der Pädophilie "nicht nur in unseren Diözesen, sondern in jedem Gesellschaftsbereich" zu finden sei. Erforderlich sei "eine entschlossene, gemeinschaftliche Antwort", sagte das Kirchenoberhaupt.

Zugleich plädierte er dafür, dass auch Medien und die Unterhaltungsindustrie sich an moralischen Werten ausrichten. "Was bedeutet es, von Schutz für die Kinder zu reden, wenn in vielen Haushalten Pornografie und Gewalt zu sehen sind?", fragte der katholische Kirchenführer.

Zu möglichen Strafmaßnahmen des Vatikans gegen pädophile Priester wie einen Ausschluss aus der Kirche sagte der Papst jedoch nichts. Stattdessen lobte er die Maßnahmen der Katholischen Kirche in den USA, die allein im vergangenen Jahr rund 400 Millionen Dollar Entschädigung an Missbrauchsopfer zahlte.

Die Skandalserie um Kindesmissbrauch und kirchliche Vertuschung stürzte die Katholische Kirche in den USA in ihre bisher tiefste Krise. Bereits auf dem Flug nach Washington am Dienstag äußerte der Pontifex maximus im Gespräch mit Journalisten "tiefe Scham" über die Missbrauchsskandale. Der Papst werde sich dem heiklen Thema stellen, verlautete schon im Vorfeld aus dem Vatikan.

Missbrauchsopfer und Kirchenkritiker sind enttäuscht, dass der Papst nicht die besonders getroffene Diözese Boston besucht. Der dortige Erzbischof hatte 2002 mit dem Geständnis, einen pädophilen Priester trotz Vergehen an Kindern geschützt zu haben, die Skandalwelle losgetreten. Tausende Katholiken meldeten sich überall im Land und berichteten von sexuellem Missbrauch durch Priester. Bischöfe gerieten unter Verdacht, die Täter gedeckt zu haben. Manche Gemeinden mussten seither Kirchen verkaufen, um Schadenersatzklagen zu bewältigen.

An diesem Donnerstag - dem dritten Besuchstag des Papstes in den USA - feiert Benedikt eine Messe im Baseballstadion von Washington. Der Gottesdienst, zu dem über 50.000 Gläubige erwartet werden, ist einer der pastoralen Höhepunkte seiner USA-Reise. Außerdem trifft er in der katholischen Universität von Washington mit Theologen zusammen, auch ein interreligiöses Gespräch mit Buddhisten, Juden und Muslimen steht auf dem Programm.

Am Mittwoch, dem 81. Geburtstag Benedikts, hatte US-Präsident George W. Bush den Papst im Weißen Haus empfangen. Rund 10.000 Gäste waren auf dem Südrasen des Weißen Hauses anwesend und wünschten dem deutschen Kirchenoberhaupt "Happy Birthday".

Benedikt und Bush betonten den Wert von Religion und Glauben in der modernen Gesellschaft und der Politik. Zugleich rief Benedikt die USA auf, zur friedlichen Konfliktlösung auf dem Wege der Diplomatie in der Welt beizutragen. Allerdings nannte der Papst weder den Irak oder einen anderen Konfliktherd beim Namen.

© sueddeutsche.de/dpa/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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