Mindestlohn:Union zu Zugeständnissen bereit

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Im Konflikt um den Mindestlohn deutet sich wenige Tage vor entscheidenden Gesprächen von Union und SPD eine Annäherung an.

Nina Bovensiepen und Nico Fried

"Ich bin optimistisch, dass wir ein Problem, das viele Menschen bewegt, auch sachgerecht lösen können", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) am Dienstag. Ralf Brauksiepe, Unions-Arbeitsmarktexperte, sagte der Süddeutschen Zeitung: "Wir wollen nicht, dass eine Einigung an sachfremden Fragen scheitert, sondern ein vernünftiges Ergebnis."

In SPD und Union hieß es, in zwei zentralen Streitpunkten zeichne sich ein Kompromiss ab.

Konkret geht es dabei etwa um die Frage, inwiefern die Arbeitgeber bei der Einführung von Lohnuntergrenzen in bestimmten Branchen ein Vetorecht haben sollen. Die Union hatte bislang darauf bestanden, dass die Zustimmung der Arbeitgeber nötig ist, wenn Tariflöhne über das sogenannte Entsendegesetz für ganze Branchen zu Mindestlöhnen erklärt werden.

Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) will hingegen erreichen, dass das Kabinett entsprechende Lohnuntergrenzen per Verordnung für verbindlich erklären kann.

"Das wird wohl die Brücke sein, über die man geht"

In der Union wächst nun offenbar die Bereitschaft, dies unter bestimmten Bedingungen mitzumachen. "Das wird wohl die Brücke sein, über die man geht", hieß es dazu in Koalitionskreisen. Zunächst würden weitere Branchen in das Entsendegesetz aufgenommen, um die Voraussetzung für die Einführung von Mindestlöhnen zu schaffen.

In dem zweiten heiklen Punkt suchen die Koalitionäre ebenfalls nach einem Mittelweg. Dabei geht es darum, ob es in Branchen, in denen keine Tarifverträge gelten, eine unterste Lohngrenze geben soll. Müntefering möchte einen solchen "Auffang-Mindestlohn".

Die Union könnte der SPD hier entgegenkommen, wenn die Vereinbarung der Lohnuntergrenze den Arbeitgebern und Gewerkschaften überlassen bleibt. Hier wird mit Hilfe eines aus dem Jahr 1952 stammenden "Mindestarbeitsbedingungsgesetzes" an einer Lösung gebastelt.

SPD und Union streiten seit Monaten über die Einführung von Mindestlöhnen. Am Montag wollen die Spitzen der Koalition zum letzten Mal darüber beraten. Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) hatte zuletzt mehrmals erklärt, dass es die Koalition gefährden könnte, wenn keine Einigung gelingt. Es gibt allerdings auch Sozialdemokraten, denen ein Scheitern der Gespräche recht wäre, weil sie mit dem Thema Mindestlohn gerne kommende Wahlkämpfe bestreiten würden.

Rein sachlich betrachtet, das betonen beide Seiten, wäre eine Einigung möglich. Wenn die SPD die ausgestreckte Hand jetzt nicht annehme, sei es aber sinnlos, länger zu verhandeln, hieß es in der Union. SPD-Fraktionschef Peter Struck sagte, er nehme die Signale für ein Entgegenkommen von der Union mit Interesse zur Kenntnis. Einen neuen Vorschlag für die ebenfalls noch strittige Einführung von Lohnzuschüssen des Parlamentarischen Geschäftsführers der Unionsfraktion, Norbert Röttgen, bewertete Struck hingegen skeptisch.

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer forderte die SPD auf, einzulenken. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) mahnte alle Koalitionspartner nach gegenseitigen Angriffen der vergangenen Tage zu mehr Geschlossenheit. Insbesondere Äußerungen von SPD-Chef Kurt Beck hatten zuletzt für Unruhe gesorgt. Beck hatte der Union vorgeworfen, neoliberale Politik zu betreiben und die Ergebnisse des G-8-Gipfels in Heiligendamm kritisiert.

© SZ vom 12.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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